: Der Krieg hat begonnen
Großbritannien an Beschuss afghanischer Ziele beteiligt. Zentrale europäische Mächte vorab informiert. Starke Polizeikräfte schützen Botschaften und Gebäude in Berlin
LONDON/WASHINGTON rtr/dpa/ap ■ Nach der Erklärung von US-Präsident Georg Bush zum Beginn des Krieges gegen das Taliban-Regime in Afganistan kündigte auch der britische Premier Tony Blair gestern Abend ebenfalls eine Erklärung an. Noch vor der offiziellen Erklärung bestätigte Blair in der Downing Street, dass britische Einheiten an den Angriffen auf Kabul, Kandahar und Dschalalabad sowie auf militärische Einrichtungen der Qaida-Gruppe von Bin Laden beteiligt sind. Zuvor hatte das Verteidigungsministerium in Washington offiziell bestätigt, dass die US-Streitkräfte mit dem Angriff auf Afghanistan begonnen hatten. Der Angriff werde von Frankreich, Kanada und Deutschland unterstützt, hieß es in Washington.
Bundeskanzler Schröder wollte am Abend ebenfalls eine Erklärung abgeben. In Berlin selbst wurden am Abend die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. An Botschaften und besonders gefährdeten Gebäuden wurden zusätzliche Polizeikräfte zusammen gezogen, wie Senatssprecher Helmut Lohlöffel erklärte. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit ließ sich ständig über die Lage in Berlin informieren. Für heute früh rief Wowereit den Berliner Senat zu einer Sondersitzung zusammen.
Die Nato hatte nach Angaben aus Allianz-Kreisen zuvor Vorbereitungen getroffen, Luftraum-Überwachungsflugzeuge vom Typ Awacs in die USA verlegen. Wie es am Sonntag in Brüssel hieß, sollen sie dort auf Wunsch der USA eingesetzt werden. Benötigt werde dazu noch die Zustimmung der Nato-Länder in Brüssel.
Offensichtlich diente diese Verlegung dazu, den Einsatz von US-Flugzeugen in anderen Teilen der Welt zu ermöglichen. In dem multinationalen Verband „Nato-E-3A“ mit 17 Maschinen tun auch rund 160 deutsche Soldaten Dienst. Die Vorbereitungen für einen militärischen Angriff waren nach den Worten des britischen Premierministers Tony Blair gestern abgeschlossen worden. US-Präsident George W. Bush hatte das afghanische Taliban-Regime am Samstag nochmals ultimativ aufgefordert, den mutmaßlichen Terroristenchef Ussama Bin Laden und seine Gefolgsleute auszuliefern. Der Taliban-Botschafter in Pakistan, Abdul Salam Saif, schlug statt dessen am Sonntag vor, Bin Laden in Afghanistan vor Gericht zu stellen. Grundlage könnten die von den USA erhobenen Anschuldigungen sein; allerdings müssten die USA vor einem islamischen Gericht Klage erheben. Das Weiße Haus wies das Angebot umgehend zurück.
Die USA und Deutschland wiesen ein weiteres Angebot der Taliban zurück, die Mitarbeiter der Hilfsorganisation „Shelter Now“ freizulassen, wenn die USA nicht mehr mit Angriffen drohten. Eine Sprecherin des Weißen Hauses sagte dazu, es sei Zeit zum Handeln, nicht zum Verhandeln. Die Bundesregierung forderte, die Helfer – darunter vier Deutsche – ohne Bedingungen ausreisen zu lassen. Alles andere könne nur als Geiselnahme und Erpressung betrachtet werden. Freigelassen wurde hingegen die britische Journalistin Yvonne Ridley, die vor neun Tagen festgenommen worden war.
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