naher osten

Zwei Palästinenser in Gaza erschossen

„Das afghanische Volk ist so arm, nun wird es auch noch angegriffen“, schimpft eine junge Palästinenserin aus Ramallah und wundert sich darüber, dass „für einen einzigen Mann ein ganzes Land besetzt wird“. Dass die amerikanischen Angriffe auf Afghanistan Auswirkungen auf die Lage der Palästinenser haben könnten, glaubt sie nicht. Schließlich hätten die Israelis die Lage schon einmal ausgenutzt, als die Welt nach den Anschlägen in den USA „nicht mehr an unserer Region interessiert war“ und mehrere palästinensische Städte besetzten. Dass die jüngsten Ereignisse zu einer für sie positiven Entwicklung führen, glaubt kaum jemand in Ramallah. „Bin Laden kann uns nicht helfen“, meint ein Mann. Trotzdem sei er „unter den Palästinensern sehr populär“.

Noch am Abend der Angriffe ziehen ungewöhnlich viele Sicherheitskräfte auf, um spontane Solidaritätskundgebungen zu unterbinden. An der islamischen Universität im Gazastreifen schießt die Polizei sogar mit scharfer Munition auf eine Gruppe Demonstranten und tötet mindestens zwei Studenten. Ausländische Fernsehteams dürfen Interviews nur im Beisein von Sicherheitskräften führen.

Von offizieller Seite ist kaum ein Kommentar zu hören. Eine am Wochenende für gestern angesetzte Pressekonferenz mit Kabinettssekretär Abdul Rahman wurde kurzfristig abgesagt. Einzig Informationsminister Jassir Abed-Rabbo erklärt, dass „unser Leid nicht den Tod an unschuldigen Zivilisten in New York rechtfertigt“. Unterdessen hat der Sprecher der radikalislamischen Hamas, Abdel Asis Rantisi, die Angriffe verurteilt. Es sei nicht Bin Laden, der Terror begehe. Der echte Terror werde vom „zionistischen Feind“ begangen.

Die Ost-Jerusalemer Zeitung al-Quds kommentiert: „Krieg ist keine Lösung“. Die Amerikaner sollten sich fragen, warum sie so verhasst sind. Stattdessen seien sie damit beschäftigt, die Feindschaft nur noch zu verschärfen. Die Angriffe auf Afghanistan erinnerten an das Leid des irakischen Volkes vor zehn Jahren.

SUSANNE KNAUL, RAMALLAH