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modell im netz-bikini

Jan-Holger Mauss

Er sitzt auf einer Parkbank und wartet. Hinter der Bank führt ein Trampelpfad ins Dickicht. Dort treffen sich nachts schwule Cruiser. Der Fotograf Frank Willi hat sich diese Fantasie im Hamburger Stadtpark für sein Modell ausgedacht. Gabriele Schwark wollte lieber auf dem Dach der Staatsoper fotografieren; Dirk Stewen lag während der Foto-Session mehr am S/M-Fetischismus; und weil Tom Fecht unkontrollierbare Bewegungsabläufe vor der Kamera mag, hat er Jan-Holger Mauss unscharf schwebend im Sprung abgelichtet. Die eigenwillige Kooperation, die der 1963 in Hamburg geborene Mauss initiiert hat, geht auf ein Internetprojekt zurück: 1995 hatte die österreichische Konzeptkünstlerin Eva Grubinger einen Schnittbogen auf ihrer Homepage zur Verfügung gestellt, nach dem Interessierte einen Bikini schneidern konnten. Mit Mauss hatte sie dabei nicht gerechnet. Der ehemalige Tänzer, der unter anderem mit Freyer, Konwitschny und Neumeier gearbeitet hat, nahm die Vorlage für seine eigene Auseinandersetzung mit Originalität: Seit über drei Jahren sucht er sich Künstler, die ihn in besagtem Netz-Bikini abbilden. Damit will er zunächst einmal ganz generell „die virtuelle Welt wieder materialisieren“, aber auch Fragen nach der Reproduzierbarkeit stellen. Wenn sich zwei Künstler treffen, der eine bringt die Technik mit, der andere die Idee – wer ist dann der Autor? So lässt sich die Serie endlos fortsetzen: in theatralischer Pose (Manfred Michael Sackmann), als Negativzeichnung (Marc Brandenburg) oder als Scherenschnitt à la Gabriele Basch. Angelika Platen hat Mauss den Slip als Mütze aufgesetzt und das Porträt auf dieser Seite „Gesäubert“ genannt, in Anlehnung an das gleichnamige Stück von Sarah Kane. Vom 13. 10. bis 25. 11. sind Arbeiten des – soll man sagen: Mauss-Kollektivs? – auf Schloss Agathenburg bei Stade zu sehen und im Berliner „Lovelight“, Simplonstraße (bis 11. 10.)  hf

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