: Atome im Takt
Der Deutsche Wolfgang Ketterle erhält den Nobelpreis für Physik: Alte Theorie von Albert Einstein jetzt bewiesen
BERLIN taz ■ Der 100. Nobelpreis für Physik geht in diesem Jahr unter anderem an einen Deutschen: Wolfgang Ketterle erhielt ihn gestern zusammen mit den US-Amerikanern Eric Cornell und Carl Wiemann. Ihre bahnbrechenden Experimente gelangen ihnen in einem wissenschaftlichen Wettrennen kurz hintereinander im Jahr 1995.
Die drei haben eine Theorie des Inders Satyendra Nath Bose und Albert Einsteins von 1924 bewiesen, nämlich, dass es ein sogenanntes Bose-Einstein-Kondensat (BOC) gibt. Dabei handelt es sich um einen neuen Zustand der Materie, wenn sie nur nahe genug an den absoluten Nullpunkt (minus 273 Grad Celsius) abgekühlt wird. Bei solch tiefen Temperaturen herrscht die Quantenmechanik: Die Teilchen bewegen sich dann kaum noch, ihre Geschwindigkeit nähert sich also null. Laut der Unschärferelation dehnt sich damit ihr Ort aber immer weiter aus, die Teilchen überlappen sich sehr stark und schwingen dann alle im selben Takt. Der Unterschied zwischen einem solchen Kondensat und „normaler“ Materie ist in etwa wie zwischen dem Licht einer Taschenlampe und dem eines Lasers.
Die Hürde beim Messen war über die Jahrzehnte, genügend Atome bei nur wenigen Milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt genügend lange zusammen zu halten. Dies gelang den nun Geehrten unabhängig voneinander. Ketterle konnte sogar einen Strahl von kleinen „BEC-Tropfen“ erzeugen. Das kann als ein Anfang zu einem „Laserstrahl“ mit Materie anstelle von Licht gesehen werden.
Ketterle wurde vor 48 Jahren in Heidelberg geboren, diplomierte 1982 an der TU in München und promovierte dann an der dortigen Ludwig-Maximilian-Universität. Seit 1990 arbeitet er am Massachusetts Institute of Technology. Cornell (39) und Wieman (50) lehren in Boulder. (www.nobel.se) REM
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