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Alles im Lot auf'm Boot

Mehr Dustin Hoffman als John Wayne - Greenpeace stellt Bildband vor und plaudert über die Macht der Bilder  ■ Von Philipp Sidhu

Kaum eine Organisation versteht sich medial so in Szene zu setzen wie Greenpeace. Naheliegend, dass zum 30-jährigen Jubiläum der grünen Helden keine biedere Festschrift, sondern ein prächtiger Bildband erschien.

Der Einsatz von Fotos und den mittlerweile zu Markenzeichen avancierten Schlauchbooten, sei „eigentlich eine Idee der französischen Armee“, berichtet Rex Weyler, eines der Gründungsmitglieder grinsend. 1972 protestierten die Umweltschützer zum ersten Mal vor dem Muorora Atoll gegen die französischen Atomtests. Kommandosoldaten enterten von „Zodiac“-Schlauchbooten aus das Greenpeaceschiff und beschädigten es so schwer, dass es zur Reparatur nach Muora geschleppt werden musste. Dort wurden sie vom französischen Admiral eingeladen. Heimlich wurden Fotos gemacht und der Presse zugespielt, die die Aktivisten beim anscheinend fröhlichen Schmausen mit dem Admiral zeigten. Damit wurde mit einem „gut lancierten Foto die Wirkung der Fahrt und unserer Aktion zunichte gemacht“.

Tatsächlich kann beim Betrachten des chronologisch geordneten Bildbandes ein scharfer Schnitt festgestellt werden. Die ersten Fotos zeigen noch prächtig bebartete Gestalten, die ungezwungen obszöne Gesten in die Kamera machen, sich „Fuck off“-Zettel auf die T-Shirts pinnen und alles in allem einen lebendigen, aber wenig vorzeigbaren Eindruck hinterlassen haben. „Wir waren eher Dustin Hoffman, als John Wayne“, erinnert sich Gründungsmitglied Bob Hunter.

Dann folgt das Foto mit dem französischen Uniformträger und gut gelaunten Bartträgern beim Essen. Greenpeace wurde Opfer der Macht der Bilder und nutzte daraufhin selbst die Fotosprache, mit der sich gut propagandieren lässt. Frauen und Männer, die in „Zodiacs“ heroisch Wellen und Walfängern trotzen in allen Variationen. Blutige Robbenschlächter, Spruchbänder hoch an Schornsteinen und alles medienwirksam in Farbe fotografiert.

Die Zukunft gehöre jedoch weniger dem „klassischen Aktionsbild“, stellte Fuoad Hamdan, Sprecher von Greenpeace Deutschland, fest. Neue Probleme, wie Genmanipulationen, bedürfen neuer Darstellungsformen. Jüngstes Beispiel sei das Foto, der mit Schafsmasken vor dem Europa-Parlament protes-tierenden Aktivisten, kurz nachdem Wissenschaftler das Schaf „Dolly“ geklont hatten. Etwas großspurig will er „die Macht der Bilder den Bildern der Macht“ entgegensetzen.

Doch Actionfans sind weiterhin gefragt, denn, so Hamdan, „das Schlauchboot hat noch lange nicht ausgedient“. Damit steht das Greenpeace-Foto der Zukunft bereits fest: Ein Frachter mit genmanipuliertem Gemüse wird durch schafsmaskierte Aktivisten vom Gummiboot aus geentert. Klick, und die Aktion hat ihr wirksames Bild.

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