: Schills Polizei in Isolation
Hamburgs Nachbar-Bundesländer stellen sich gegen die Abwerbe-Pläne der neuen Hamburger Koalition ■ Von Kai von Appen
Die Realität ist nicht so einfach wie einfältige Hardliner-Parolen: Wenn der Rechtsblock aus CDU, FDP und Schillpartei seine vollmundig angekündigte Koalitionsvereinbarung umsetzt und mit 50 Millionen Mark für Hamburgs Straßen ausgebildete PolizistInnen aus anderen Bundesländern abwirbt, muss der Innensenator in spe Ronald Schill nicht nur geltendes Recht brechen, sondern nimmt auch einen Kleinkrieg mit den benachbarten Bundesländern in Kauf. „Ich kann nur dringend vor solchen Dingen warnen und hoffen, dass Hamburg davon die Finger lässt“, warnt Niedersachsens SPD-Innenminister Heiner Bartling. „Sonst wird Niedersachsen darüber nachdenken, keine Bereitschaftspolizei mehr zu Großeinsätzen in Hamburg zur Verfügung zu stellen.“
Abwerbung unter den Länderpolizeien galt bislang als absolutes Tabu. Schon das Bundesrechtsrahmengesetz schreibt vor – was immer wieder durch die Innenminis-terkonferenzen bekräftigt wurde – dass der Wechsel von PolizistInnen in ein anderes Bundesland nur aus wichtigem Grund und mit ausdrücklicher Zustimmung beider Länder möglich ist. Erst vor wenigen Wochen hatten die InnenministerInnen und -senatorInnen der fünf norddeutschen Küstenländer diese Praxis für den Norden nochmals ausdrücklich untermauert. „Die Vereinbarungen kennen die neuen Koalitionäre wohl nicht“, so Hamburgs Innenbehördensprecher Christoph Holstein.
Dabei wird dem bald regierenden Rechtsblock bei der Umsetzung des Abwerbungsbeschlusses wohl nicht nur der Wind aus dem sozialdemokratischen Norden entgegenblasen. „Wenn das Bestandteil der Koalitionsvereinbarung wird, wird das zum Thema der Innenministerkonferenz“, kündigte Bartling an.
Dort werde dann der vermeintliche Innensenator und Rechtspopulist Schill „einiges zu hören bekommen“, ist Bartling sicher, auch von den konservativ regierten Bundesländern. „Denn das würde die bewährte Zusammenarbeit der Länder kaputt machen.“
Neben Bartling – der in Niedersachsen auf 200 unbesetzte Polizeistellen blickt – kündigte auch Schleswig-Holsteins SPD-Innenminister Klaus Buß an, der auf die gute länderübergreifende Zusammenarbeit der Polizei verweist, keinen Polizeibeamten freiwillig gehen zu lassen. „Dann muss er sich erst entlassen lassen“, sagt sein Sprecher Thomas Giebeler.
Nach Auffassung von Noch-Innensenator Olaf Scholz (SPD) könnten die Schillschen Pläne schnell zum Rohrkrepierer werden und für den Stadtstaat Hamburg nach hinten losgehen. Denn viele Hamburger PolizistInnen wohnen in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein und dort sind die Aufstiegschancen nicht gerade schlechter.
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