: Tiefflieger über Kandahar
USA setzen Kampfflugzeuge ein, die als Vorboten von Bodentruppen gelten. Rotes Kreuz meldet zerstörtes Lager bei Kabul. UN-Generalsekretär mahnt zur Rücksicht auf Zivilbevölkerung
KABUL/ISLAMABAD afp/rtr/ap ■ Bei neuen Angriffen auf die Taliban-Hochburg Kandahar im Süden Afghanistans haben die USA erstmals Tiefflieger eingesetzt. Nach Augenzeugenberichten lag die Stadt gestern Morgen unter Dauerbeschuss durch tief fliegende Maschinen. Das US-Verteidigungsministerium bestätigte den Einsatz von mindestens einem Kampfflugzeug des Typs AC-130, der üblicherweise der Unterstützung von Bodentruppen dient. Ein Taliban-Sprecher erklärte, bei den Angriffen seien 33 Zivilisten getötet worden.
Während der US-Angriffe auf Ziele in Kabul sind nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz auch Gebäude des IKRK getroffen worden. Eine Bombe habe gestern Nachmittag zwei Lager mit Getreide und anderen Hilfsgütern zerstört, sagte der Sicherheitschef. Ein afghanischer Wachmann sei dabei verletzt worden.
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat die Berichte der Taliban über rund 300 Todesopfer unter der Zivilbevölkerung in Afghanistan als „lächerlich“ bezeichnet. Die Al-Qaida-Leute von Extreministenführer Ussama Bin Laden seien als „unverbesserliche Lügner“ bekannt, erklärte er. Washington hatte am Sonntag erstmals eingeräumt, dass eine US-Bombe am Wochenende versehentlich ein Wohngebiet traf. Dabei seien vermutlich vier Menschen gestorben.
Bei seinem Besuch in Pakistan hat US-Außenminister Colin Powell im Gespräch mit Präsident Muscharraf einer Beteiligung gemäßigter Mitglieder der Taliban an einer künftigen Regierung Afghanistans zugestimmt. Muscharraf drang auf ein rasches Ende der Militäroffensive.
UN-Generalsekretär Kofi Annan hat alle am Afghanistan-Konflikt beteiligten Parteien aufgefordert, das Leben von Zivilisten so gut wie möglich zu schonen. In einer Zeit, in der sich die Welt im Kampf gegen den internationalen Terrorismus vereine, müsse trotz der Militäreinsätze alles getan werden, um die Bevölkerung in Afghanistan und die Mitarbeiter der Hilfsorganisationen zu schützen, unterstrich Annan in seiner Erklärung.
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