: Rechtlich gegen den Rechtsruck
Die Stresemannstraße wieder vierspurig, der Grindelhof wieder aufgemacht, die Poller beseitigt und die Blitzanlagen abgebaut. Hamburg wird auf üble Weise Auto-City und für alle NichtautofahrerInnen wird das Leben deutlich härter. Da drängt sich die Frage auf, ob und was man dagegen tun kann, wenn Schwarz-Schill das Kind so vollständig in den Brunnen wirft. Möglichkeiten gibt es schon. Sie sind höchst unterschiedlich – in Aufwand, Erfolgsaussicht und Praktikabilität.
Wenn die Stresemannstraße wieder vierspurig oder der Grindelhof wieder Durchfahrtsstraße werden soll, dann sind dies Bauvorhaben, über die in den bezirklichen Ausschüssen und den Bezirksversammlungen verhandelt werden. Die Ausschüsse und die Bezirksversammlungen sind öffentlich, an ihnen kann jedeR teilnehmen. In der Bezirksversammlung gibt es außerdem das Recht, zu allen in Betracht kommenden Themen Fragen zu stellen. Jede Privatperson kann hier zu den im Bezirk anstehenden Veränderungen Fragen stellen oder Auskünfte verlangen. Wann die Ausschüsse und die Bezirksversammlungen tagen, teilen die Bezirke und sicherlich auch GAL und SPD auf Anfrage mit.
Daneben haben die AnwohnerInnen und die Betroffenen bei dann anstehenden bauplanerischen Entscheidungen auch das Recht zum Einspruch. Dieser wird bei der dafür zuständigen Behörde eingelegt. Dies kann jedeR, der von der Entscheidung unmittelbar räumlich betroffen ist, also beispielsweise die Anwohner der Stresemannstraße oder die Restaurantbesitzer am Grindelhof, die Straßencafés eingerichtet haben, in die sich jetzt niemand mehr setzt. Wird der Einspruch abgelehnt, haben die Betroffenen schließlich auch das Recht zur Klage, etwa mit der Begründung, sie seien in ihrem Recht auf Schutz vor Lärm betroffen. Hierzu sollten sie sich dann aber genauer von qualifizierten RechtsanwältInnen beraten lassen.
Auch für das Einrichten oder Abbauen von Parkplätzen gilt grundsätzlich das eben Gesagte – Bezirksversammlungsbeteiligung und ggf. Einspruch und Klage.
Schwieriger wird es bei den Pollern oder den Blitzanlagen. Hier handelt es sich in der Regel lediglich um einen gestalterischen Spielraum der Behörde, das heißt, es gibt keine Ausschussbeteiligung und keine Einspruchsmöglichkeiten für Anwohner. Um sich hier zur Wehr zu setzten, muss man daher zu anderen Mitteln greifen. Da wäre natürlich zunächst das politischen Mittel der Bürgerinitiative. Auch könnte das endlich auch in Hamburg etablierte Recht auf Bürgerbegehren herangezogen werden. Und schließlich könnte man überlegen, ob nicht für Verkehrstote und -verletzte in der Stresemannstraße oder dem Grindelhof Ähnliches gelten könnte wie jetzt bei dem geplanten Einstellen des Spritzentauschprojektes im Gefängnissen: Hier überlegen Beteiligte, ob sich nicht eine Strafbarkeit der verantwortlichen Politiker wegen Tötung oder Körperverletzung durch Unterlassen ergeben könnte. Bitter, wenn man damit warten müsste, bis tatsächlich wieder ein Kind zu Tode kommt. Waltraut Braker
Die Autorin ist Rechtsanwältin in Hamburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen