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Auf Männer-Suche

■ Mutter, Erzieherin, Lehrerin: Immer mehr Jungs werden ohne männliche Vorbilder groß. Öffentliche Mannsbilder helfen kaum

Jugend ist anstrengend. Unglaublich schön zwar, aber auch elend schwer. Und während alle Welt den Mädchen helfen will, die Spardiskussionen um die Kinder- und Jugendförderung die Mädchenförderung sogar ausdrücklich ausnehmen, scheint auf dem großen Feld der Jungsarbeit herzlich wenig los. Allein das Wort „Jungsarbeit“ – ungewohnt. Aber es gibt sie, lange schon, und am kommenden Mittwoch veranstaltet die Bremische Evangelische Kirche (BEK) einen Fachtag zum Thema. „Wo sind eigentlich die Männer?“ heißt der klingende Titel, und die simple Antwort „überall, macht doch die Augen auf“ wird der Angelegenheit wohl kaum gerecht. Es geht um das, was hinter dem Offensichtlichen steckt.

„Jungs brauchen männliche Vorbilder“, sagt Hans-Albert Eike, Jugendwart der BEK und aktiv in der Jungsarbeit. Nicht die Muskelpakete der Action-Filme oder die Smarties der Werbung. Sondern Männer, die ihnen ein Leben vorleben. Denn die fehlen. Wenn ein Junge ohne Vater groß wird, sind es vor allem Frauen, die sein junges Leben prägen: Mutter, Kindergärtnerin, Grundschullehrerin. Solche Knirpse „haben keine Chance, eine eigene Geschlechtsidentität zu entwickeln“, erklärt Eike. Keine Chance, herauszufinden, „wie das so ist mit dem Mann-Sein.“

Und weil das die erwachsenen Männer auch nicht immer wissen, gibt es eine „große Hilflosigkeit“, wie mit Jungs umzugehen sei, hat der Jugendwart beobachtet.

Wie sehr kleine Jungs den körperlichen Kontakt zu Männern suchten, zeige schon, dass den Jungs die Männer fehlen. Dabei ist – vom Knuffen, Auf-die-Schulter-Hauen und Trunkenheits-Umarmungen mal abgesehen – Körperkontakt zwischen Männern eh' ungewohnt. Eike: „Schwulen gesteht man das zu, anderen aber nicht.“

Männer verstünden sich oft als Konkurrenten, weiß Eike. Sein Ziel ist es, den Jungen klar zu machen, dass sie nichts von ihrer Männlichkeit verlieren, wenn sie mal schwach sind und scheitern.

Ein Raum zum Scheitern, aber dennoch Mann-Bleiben ist – es klingt eigenartig – der Boxring. Deshalb lässt sich Hans-Albert Eike jetzt zum „Box-Instructor“ ausbilden. Als solcher wird Eike künftig Jungsgruppen ein bisschen coachen und ihnen klarmachen, dass sie nicht verloren sind, wenn sie verloren haben. Dabei sei er nicht der geborene Box-Fan, „überhaupt nicht, ich hab' eher Schiss.“ Aber Boxen, hat Eike inzwischen gelernt, macht Gefühle möglich. Die „ganze Gefühlspalette“ sei da präsent: Angst, Aggression, Nähe. Boxen ist der einzige Sport, bei dem man sich unentwegt in die Augen guckt. Und neben der offenkundig aggressiven Ebene – Box-Lehrling Eike: „Ich erleb' das nicht als Gewalt“ – gebe es noch eine andere, wichtigere, tiefgehende, zwischenmenschliche.

Gewalt. Eike spricht von einem „öffentlichen Bild“: „Als seien Jungs wandelnde Zeitbomben.“ Ein Bild, das das Streben nach Stärke und Dominanz betone, den Menschen aber nicht gerecht wird. Jungs wollen herausgefordert werden, erklärt der Jugendwart, ihr Körper müsse gefordert sein. Deshalb gleiche Jungsarbeit äußerlich vielleicht dem Vereinssport: Draußen sein, Bewegung, Gruppendynamik, Mannschaftsgefühl. Aber wenn einer mal daneben langt, versagt, dann geht er nicht auf die Reservebank. Sondern lernt, Schwäche zu akzeptieren. Wie die anderen auch. Susanne Gieffers

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