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Millionenschwere Wasserspiele

Senat beschließt heute Hamburgs Bewerbung für Olympia 2012. Vertrauliche Drucksache fordert mehr als 20 komplett neue Sportstätten und viele Millionen Euro  ■ Von Sven-Michael Veit

Ein würdiger Abschluss: Zum vermutlich letzten Mal wird Ortwin Runde als SPD-Bürgermeis-ter dieser Stadt heute vor die Landespressekonferenz treten. Und er wird ein Abschiedsgeschenk der rot-grünen Koalition verkünden: Die Bewerbung für die Olympischen Spiele 2012 oder spätestens 2016. Die entsprechende Senatsdrucksache 2001/1141, welche der taz hamburg vorliegt, wird der seit zwei Wochen nur noch „geschäftsführend“ amtierende Senat heute beschließen. Zusätzlich wird er einen dringlichen Antrag für die Bürgerschaftssitzung am Mittwoch nächster Woche verabschieden, flugs 53.000 Mark zur umgehenden Gründung einer Olympia-Bewerbungs GmbH zu bewilligen.

Die Zustimmung des Parlaments gilt als sicher. Außer SPD und GAL haben sich auch die drei Parteien der künftigen Rechtsregierung für Olympia in Hamburg ausgesprochen. Der designierte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat der mehr als 130-seitigen Drucksache (plus Anlagen) bereits zugestimmt: „Olympische Spiele am Wasser“ lautet das Motto mit Hamburg als „zentraler Bewerberstadt“ für die „Spiele in der norddeutschen Region“.

Elf Jahre umfasst der Planungszeitraum für die begehrten zwei Wochen im Spätsommer 2012. Mindestens 20 Sportstätten müss-ten neu gebaut oder umgebaut werden (siehe unten), denn die Stadt verfüge, so hält die Drucksache fest, „mit wenigen Ausnahmen derzeit über keine olympiageeigneten Wettkampfstätten“. Hinzu kämen weitere Großprojekte wie das Olympische Dorf, ein Medienzentrum sowie zahlreiche Verkehrsanbindungen.

Über die Kosten schweigt das Senatskonzept weitgehend, lediglich zwei Summen werden genannt. Für die „Phase 1a“ bis zur Nominierung einer deutschen Stadt durch das Nationale Olympische Komitee (NOK) am 15. April 2003 werden exakt 6.357.000 Euro (gut 12 Millionen Mark) veranschlagt (siehe unten). Sollte Hamburg sich gegen die nationalen Konkurrenten Düsseldorf, Stuttgart, Frankfurt, Berlin und Leipzig durchsetzen, muss sich die Hansestadt vor dem Internationalen Olympischen Komittee (IOC) mit Wettbewerbern aus aller Welt messen. Für diese „Phase 1b“ werden laut Schreiben Kosten von etwa 100 Millionen Euro für Werbe- und Imagekampagnen sowie für „vorgezogene Planfeststellungsverfahren, städtebauliche Wettbewerbe und Flächenräumungen“ fällig. Denn würde die Stadt im Sommer 2005 vom IOC zum Sieger erklärt werden, müsste tags darauf mit den Baumaßnahmen begonnen werden. Und erst dann, mit Beginn der „Phase 2“, würde es richtig teuer werden.

Grundlage der „Wirtschaftlichkeitsbetrachtung“ im Senatsbeschluss ist, an Olympia nicht unbedingt zu verdienen. Allerdings sei „eine Finanzierung ohne Verlust für den Hamburger Haushalt unabdingbar“. In der internen Abstimmung zwischen den Senatsämtern hat nämlich die Finanzbehörde deutlich gemacht, dass „Verlustübernahmen“ durch die öffentliche Hand wie bei der EXPO 2000 in Hannover „nicht denkbar“ seien. Deshalb sollten „private Unternehmen sowie andere Interessenten in die Realisierung der notwendigen Investitionen frühzeitig eingebunden werden“, empfiehlt die Studie.

Am 17. Juli hatte der Senat die für Sport zuständige Innenbehörde beauftragt, zur heutigen Sitzung ein Olympia-Konzept zu erarbeiten. Dieses fußt im Grundsatz auf einer „Machbarkeitsstudie“ von 1988. Damals hatte Hamburg bereits an einer Bewerbung für Olympia 2000 gearbeitet, diese aber zwei Jahre später zu Gunsten Berlins zurückgezogen. Eine Rücksichtnahme auf die Hauptstadt käme diesmal nicht in Frage, das hat Noch-Bürgermeister Runde klargestellt. Einig sind er und auch sein Nachfolger von Beust sich darin mit dem Hamburger Sportbund und der Handelskammer. Die hatte Anfang August ein eigenes Konzept für ein „Hanse-Olympia“ vorgelegt und mit Versandhaus-Chef Michael Otto bereits einen eigenen Olympia-Beauftragten ernannt.

Und die Stadtentwicklungsbehörde hatte zwei Wochen später ein Konzept für „stadtverträgliche und nachhaltige Spiele“ präsentiert. Dessen Zentrum bilden die HafenCity und daran anschließende Flächen auf dem Grasbrook: Wasserspiele eben.

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