Nachgefragt
: „Gefährliche Grundausrichtung“

■ „Entmischen“: CDU-Mann Herderhorst über Milli Görüs

Die große Koalition ist im Clinch über den richtigen Umgang mit der vom Bremer Verfassungschutz beobachteten islamischen Milli Görüs-Gemeinde. Nach Berichten in türkischen Zeitungen, in denen Henning Scherf (SPD) für seine Integrationsbereitschaft gelobt wurde, polterte CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff, der Bürgermeister sei „naiv“ (taz vom 17.10). Jetzt legte Rolf Herderhorst, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion nach: Milli Görüs, die ihre „Anhänger gegen den westlichen Lebensstil ,der Ungäubigen'“ indoktriniere, gehöre in Bremen verboten. Die taz hakte nach.

taz: Was ist dagegen einzuwenden, wenn jemand in Deutschland nicht nach „westlichem Lebensstil“ lebt. Haben Sie etwas gegen Kopftücher?

Ralf Herderhorst: Da fängt das ja schon an: Wenn ich in die Türkei fahre, sehe ich weniger Kopftücher als hier in Bremen. Aber das ist gar nicht der Punkt. Bei Milli Görüs ist eine Grundausrichtung vorhanden, die gefährlich werden könnte. Das ist nicht von mir erfunden, sondern basiert auf Erkenntnissen, die nicht nur der Verfassungsschutz, sondern auch andere Quellen haben.

Wer?

Es gibt Schrifttum darüber und und und. Allerdings reichen die Berichte des Verfassungsschutzes schon.

Gelten Ihnen die Quellen des Verfassungsschutzes in Bremen als zuverlässig? Glauben Sie den V-Leuten alles?

Da stehe ich im Gegensatz zu Herrn Scherf. Er ist etwas leichtfertig. Reden kann man mit allen. Das Problem ist, dass er sagt, das seien liebe Menschen. Im Gespräch mit einem Straftäter kann der sich auch als netter Mensch entpuppen. Trotzdem hat er Straftaten begangen.

Auf jeden Fall liegt bislang kein Strafverfahren – absolut nichts – gegen die Bremer Milli Görüs-Leute vor. Also gilt die Unschuldsvermu-tung.

Ich werfen denen ja auch keine Straftat vor. Aber sie haben diese Grundausrichtung. Der Verfassungsschutz überwacht sie doch nicht, weil sie eine normale religiöse Einrichtung sind, sondern weil da mehr hinter steckt.

Und was?

Herr Scherf mag in persönlichen Gesprächen den Eindruck gewonnen haben, dass Milli Görüs harmlos ist. Ich weiß aus anderen Quellen, dass dem nicht immer so ist. Details darf ich leider nicht nennen.

Schüren Sie nicht mit Ihren unbelegten Warnungen eine latente Unruhe in der Bevölkerung?

Das mögen einige so sehen. Aber auch Herr Gabriel und Herr Stoiber (die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Bayern, die Milli Görüs ebenfalls verbieten wollen, d. Red) mussten dann ja schüren. Es geht nicht um alle Moslems. Aber es gibt bestimmte Gruppen, die uns als „Ungläubige“ betrachten. Wenn sich der Krieg noch ausweiten sollte – falls die USA den Irak oder den Iran angreifen sollten – dann kann ich mir schwer vorstellen, dass hier im Lande alles ruhig bleibt, dass sich hier nicht bestimmte Gruppen solidarisieren.

Was meinen Sie bloß genau?

Ich kann meine Quellen nicht nennen. Das Verhalten einiger ist so, dass sie sich abgrenzen. Da findet genau das Gegenteil von Integration statt.

Meinen Sie nicht, dass Sie pauschalisieren?

Nein, ich rede nur von dieser Milli Görüs-Einrichtung (die Fatih-Moschee in Gröpelingen, die Red.).

Sind die 900 Milli Görüs-Anhänger in Bremen alle Extremisten?

Diese Organisation hat Vorstellungen, die nicht zu unserer demokratischen Rechtsordnung passen. Aufgrund des Glaubens gehen sie genau in die entgegengesetzte Richtung.

In Deutschland darf jeder glauben, was er möchte.

Ich kann die Sprache nicht, aber Milli Görüs heißt wohl Eroberung. Das sind Zeichen. Deswegen habe ich nichts gegen Einzelne, sondern gegen die Organisation.

Da gehören also Ihrer Ansicht nach die 900 Bremer Milli Görüs-Leute dazu.

Man muss das ernst nehmen, was die Behörden aufgeschrieben haben.

Was wollen Sie tun?

Diese Leute sollten sich öffnen. Ich will nicht von Ghettos sprechen, aber bestimmte Bereiche der Stadt sind belegt mit türkischen Mitbürgern. Es wäre sinnvoller, wenn man das entmischt.

Macht Ihnen Milli Görüs Angst?

Nein. Aber nehmen wir die Entwicklung in Huckelriede: Das Tragische ist nicht, dass sie eine Moschee gebaut haben, sondern dass sie dort Haus neben Haus kaufen. Das wird zu einer geschlossenen Gesellschaft. Das steht im Widerspruch zum Integrationsgedanken. Haben Sie schon mal einen Deutschen in einem deutsch-türkischen Verein gesehen? Im Grunde kapseln die sich doch ab. Da muss man was gegen tun.

Haben Sie jemals mit Leuten von Milli Görüs geredet?

Mit denen speziell nicht.

Interview: Kai Schöneberg