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„Wir machen nicht den Hanswurst“

Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne) will kein rot-rot-grünes Bündnis: Wer die „Koalitionskarte“ nicht ziehen könne, habe nichts zu sagen. Eine „Ampel“ und die Oppositionsrolle sei möglich. Die Basis soll entscheiden

taz: Herr Justizsenator, räumen Sie schon Ihr Büro?

Wolfgang Wieland: (lacht) Nein. Ich hatte vorher erklärt, ich verrücke hier keinen Kaktus, bis klar ist, dass ich auf Dauer hier sitze. Und dabei bleibt es.

Sind Sie dafür, dass die Grünen in die Opposition gehen?

Nein, bin ich nicht. Wir werden jetzt sondieren. Opposition ist nur eine Option.

Die andere heißt „Ampel“.

Das wird auszutarieren sein. Wir haben vor der Wahl gesagt, wir schließen die „Ampel“ nicht aus. Dabei bleiben wir. Es muss sich herausstellen, ob dies mit der FDP möglich ist.

Trennen FDP und Grüne nicht sowohl vom Personal wie vom Programm her Welten?

Da ist ein enormer Spannungsbogen, das ist gar keine Frage. Auf der anderen Seite haben wir in einer solchen Konstellation ein klares Profil und eine klare Verantwortung, für Ökologie zu stehen gegen Rexrodts sechsspurige Stadtautobahn, für sozialen Ausgleich gegen diesen Ellbogen-Liberalismus, wonach jeder selbst seines Glückes Schmied ist, und last but not least für unseren Anspruch, die Freiheit zu verteidigen auch gegenüber einer Partei, die ein paar Hundert Kilometer von hier entfernt mit Herrn Schill unter die Bettdecke gegangen ist.

Das sind alles Argumente gegen eine „Ampel“.

Das sind Argumente, die dafür sprechen, dass die Grünen sich in einer solchen „Ampel“-Koalition profilieren können und Felder haben, auf denen sie sich durchsetzen können.

Kann man ihrer Parteibasis eine „Ampel“ zumuten?

Die Basis wird das Ergebnis besichtigen und sagen, ob es gefällt oder nicht gefällt.

Eine solche Entscheidung könnte die Partei zerreißen.

Das sehe ich überhaupt nicht so. Die Frage „Krieg oder Frieden“ ist dazu geeignet oder andere wesentliche Fragen. Aber nicht die nach einer Ampel.

Und rot-rot-grün? Sibyll Klotz und Sie haben das im Wahlkampf ausgeschlossen. Auch nach der Wahl bleibt sie bei dieser Position. Sie auch?

Ja, sicher: Was ich vor der Wahl gesagt habe, sage ich auch nach der Wahl. In einer Koalition, in der man nicht gebraucht wird, hat man nichts zu suchen, hat man kein Gewicht, macht man sich zum Hanswurst.

Würden Sie sagen: „Wenn wir unter rot-rot-grün unsere grünen Inhalte durchsetzen könnten, dann gehen wir rein“?

In einer rot-grünen Koalition – diese Erfahrungen haben wir in den vergangenen Monaten gemacht – haben wir als Grüne uns alles erstreiten müssen. Wenn wir da kein Potential auch des Drohens mehr haben, wenn wir da die Koalitionskarte nicht mehr ziehen können, dann haben wir in einer solchen Koalition nichts zu sagen.

Was will die Mehrheit der Basis: rot-rot-grün, Opposition oder die „Ampel“?

Das weiß ich nicht. Wir reden zuerst mit der SPD, unserem Koalitionspartner, und schlagen dann der Landesdelegierten-Versammlung vor, mit der FDP und der PDS Sondierungsgespräche zu führen.

Ihre Landesvorstandssprecherin Regina Michalik sagt, alles sei offen. Ihre Spitzenkandidatin Sibyll Klotz ist gegen eine potenzielle Beteiligung an rot-rot-grün. Gibt es Machtkämpfe um diese Frage?

Überhaupt nicht. Ich unterscheide mich von Frau Klotz in dieser Frage nicht – im Gegenteil: Wir beide sehen rot-rot-grün nicht. Wir beide sagen: entweder „Ampel“ oder Opposition.

Wollen Sie bei einer „Ampel“ Justizsenator bleiben?

Das sehen wir ganz am Ende des ganzen Prozesses.

Es war die Frage, ob Sie es gerne wollen.

(lacht) Wollen tue ich es natürlich. Aber der Wunsch ist das eine, die Wirklichkeit das andere.

INTERVIEW: PHILIPP GESSLER

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