Wer ist jung genug für den Juniorprofessor?

Junge Wissenschaftler und Gewerkschaften kritisieren gemeinsam die Dienstrechtsreform: Keine Übergangsregelungen für Habilitierende

BERLIN taz ■ Die große Reform kommt, das ist sicher. Schon ab dem nächsten Jahr soll es an deutschen Hochschulen Professoren geben, die keine Habilitationsschrift mehr verfasst haben, die nicht jahrelang für ihre Professoren geforscht haben und deswegen erst mit über vierzig selbst den eigenen Professorentitel haben. Die deutsche Professorenschaft soll deutlich jünger werden und das möglichst schnell. Anfang November will der Bundestag die Dienstrechtsreform in dritter Lesung behandeln. Wenn die Länder ihre Hochschulgesetze angepasst haben, wird die so genannte Juniorprofessur möglich: promovieren bis 30 – und dann sechs Jahre lang Juniorprofessor.

Bildungsministerin Edelgard Buhlman (SPD) ist von ihrer Reform hellauf begeistert. Beim Wissenschaftlernachwuchs, den zukünftigen Professoren aber regt sich Widerstand: „Wir sind in den ganzen Gesetzgebungsprozess überhaupt nicht miteinbezogen worden,“ beklagt sich Harald Völker von Thesis, einem interdisziplinären Netzwerk für Promovierende und Promovierte. „Dabei wissen wir doch am besten, wo es in der Praxis mangeln wird“, sagte er bei einem Workshop von Nachwuchsforschern und Gewerkschaften in der Humboldt-Universität.

Hauptkritikpunkt sind fehlende Übergangsregelungen. Jene Wissenschaftler, die sich derzeit im Habilitationsverfahren befinden, haben Schwierigkeiten, auf die Juniorprofessuren zu kommen. „Ein problemloser Wechsel in das neue System muss möglich sein“, so Völker, „ansonsten werden einige Nachwuchsakademiker gezwungen sein, die Wissenschaft zu verlassen.“ Auch die hohe Lehrbelastung – Juniorprofessoren sollen bis zu acht Stunden lehren – fand bei den zukünftigen Professoren keinen Zuspruch: Wer sich hauptsächlich mit universitätsinternen Arbeiten beschäftigen müsse, der könne sich nicht ausreichend auf seine eigenen Forschungen konzentrieren. Fehlende oder ungenaue Definitionen der neuen Schlüsselqualifikationen und Evaluationsverfahren für die Juniorprofessoren kommen hinzu.

Neben inhaltlichen Punkten kritisierten Verdi, DGB und Jungforscher die mangelnde Kommunikationsbereitschaft von Bildungsministerin Bulmahn. „Die Novelle ist im Hauruckverfahren durch den Bundestag gepeitscht worden“, so Johannes Moes von der Promovierenden-Initiative. Deshalb bliebe ihnen allen nur, auf mehr Mitsprachemöglichkeiten bei der Ausgestaltung des Gesetzes in den Ländern zu hoffen. SUSANNE AMANN