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Drägers Uni-Modell

Studiengebühren wären auch hierzulande denkbar, wenn es genug Stipendien und Darlehen für Studierende gäbe

HAMBURG taz ■ Was ihm gut tat, soll auch anderen gut bekommen. Hamburgs neuer Wissenschaftssenator, Jörg Dräger, kann sich auf lange Frist vorstellen, die Hochschulen in Deutschland nach amerikanischem Vorbild zu finanzieren – über Studiengebühren. Drägers Voraussetzung: „sozial ausgewogene“ Darlehensmodelle und mehr Stipendien. Genau das also, was er selbst in Anspruch nahm.

Dräger wird mit seinen 33 Jahren unter den Kultusministern bald der jüngste sein. Das Benjamin-Gefühl kennt er. Mit 19 trat er sein Studium an der Uni Hamburg an. Finanziert durch fünf aufeinander folgende Stipendien verbrachte er nach dem Physik-Vordiplom mit Nebenfach Betriebswirtschaft den größten Teil seiner Ausbildung an der Cornell University in New York. Mit 28 machte er seinen Doktor-Titel, dann arbeitete er bei der Unternehmensberatung Roland Berger. Mit 30 wurde er Geschäftsführer der ersten Hamburger Privat-Uni, des „Nothern Institute of Technology“ (NIT) im südlichen Stadtteil Hamburg-Harburg.

„Das NIT ist mein Baby“, sagt Dräger. Erst vor einer Woche hat er den ersten Jahrgang feierlich im Rathaus verabschiedet – für ihn „ein bewegender Moment“. Dabei ist am NIT nicht viel Neues dran. Das eigentliche Studium zum „Global Engineer“ absolvieren die 30 Studenten pro Jahrgang an der staatlichen Mutter-Uni, der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Bis auf zwei Ausnahmen kamen bisher alle aus dem Ausland. Am NIT wird in „Quartern“ studiert – während die TU-Kommilitonen Semesterpause haben, werden NITler „intensiv auf ihre späteren Führungsaufgaben vorbereitet“. So beschreibt es der frühere TU-Präsident und NIT-Erfinder Hauke Trinks. Dazu gehören Praktika und „Humanities“, Kurse in Deutsch, Politik, Ethik und Kultur bis hin zur Bildhauerei. Verbleibende Ferien: drei Wochen.

Dass eigentlich Besondere an dem Mini-Institut ist seine Finanzierung. Rund 40.000 Mark kostet die Zusatzausbildung pro Jahr. Bezahlen müssen das aber bislang nicht die Studierenden selbst – Sponsoren aus der Wirtschaft übernehmen die Gebühren. Als Trinks das Modell 1999 offiziell startete, hatte er auf Anhieb mehr Stipendien als Studenten. Gedachter Vorteil für die Unternehmen: Wirtschaftliche Führungskräfte werden nach Rückkehr in ihre Heimat die Beziehungen zu Deutschland aufrechterhalten. Die Geldgeber haben das Recht, Herkunftsregion und Fach der zuvor vom NIT-Team ausgewählten Stipendiaten zu bestimmen.

Dräger könnte sich das NIT-Konzept auch als Vorbild für andere Studiengänge vorstellen. Für Geisteswissenschaftler beispielsweise seien „berufsqualifizierende Zusatzangebote“ wichtig. Die könne man zum Teil über Gebühren „mitfinanzieren“.

Müssen sich also Hamburgs Studierende darauf einstellen, dass sie ihr Studium vermehrt aus eigener Tasche bezahlen? „Für die nächsten vier Jahre ist so etwas nicht vorgesehen“, sagt Dräger mit Blick auf die vor ihm liegende Legislatur.

Studis als Anlagemodell

Gleichwohl machte er erst im Januar mit der Idee des „Studenten als Geldanlage“ von sich reden. Rund 200 Millionen Mark sollten in einem „Brain Invest“-Fonds gesammelt werden, um damit jährlich 500 „Topstudenten“ ein schnelles, von Semesterjobs nicht unterbrochenes „Turbostudium“ zu ermöglichen. Das Geld, so die Idee, sollten die Geförderten innerhalb von zehn Jahren zurückzahlen, die Anleger hätten eine Rendite von mindestens sieben Prozent zu erwarten.

Inzwischen ist Dräger von der Suche nach privaten Investoren wieder abgekommen und verhandelt mit einer Stiftung und einer Bank. Die Darlehen müssten „einkommensabhängig zurückgezahlt werden“, sagt Dräger, damit die Absolventen nicht wie manche Medizinstudenten in den USA „von Zins- und Tilgungslast erdrückt werden. Wer keine Arbeit hat, soll als Nullrückzahler gelten“. Sein Modell, meint der künftige Wissenschaftssenator, würde die Studierenden zusamenfassen und so das Risiko verteilen. Bisher sei keine Bank bereit, jungen Menschen ein Darlehen zu gewähren, die sich eine private Ausbildung leisten wollten.

Der neue Senator ist überzeugt, dass Gebühren von einem Studium nicht abschrecken. Das könne man an der hohen Bildungsmobilität in den USA sehen. Bleibt dennoch die Skepsis, ob auch die Masse von seinen Ideen profitiert. Als künftiger Wissenschaftsenator wird Dräger jedenfalls nicht mehr nur für 65 NIT-Studenden, die er alle persönlich kennt, oder für 500 Topstudenten zuständig sein. In Hamburg gibt es 62.000 Studenten. KAIJA KUTTER

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