: Die IRA rüstet ab
Adams will den nordirischen Friedensprozess retten. Unionistenchef und Expremier Trimble reagiert positiv
DUBLIN taz ■ Die Irisch-Republikanische Armee (IRA) wird abrüsten. Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams vom politischen IRA-Flügel sagte Montagabend auf einer Pressekonferenz: „Martin McGuinness und ich haben in Gesprächen mit der IRA die Ansicht vertreten, dass es den Friedensprozess vor dem Zusammenbruch bewahren und die Situation grundlegend verändern könnte, wenn die IRA einen entscheidenden Schritt in der Waffenfrage machte.“ Martin McGuinness, zweiter Mann bei Sinn Féin und nordirischer Bildungsminister, habe vor kurzem den Vorsitz des IRA-Armeerats übernommen, behaupten verschiedene Zeitungen.
Unionistenchef David Trimble, der im Juli sein Amt als nordirischer Premierminister niedergelegt hatte und vorige Woche seine fünf Minister aus der Regierung zurückzog, weil es in der Waffenfrage keine Bewegung gab, reagierte gestern positiv auf Adams’ Rede. Er bezeichnete sie als „möglicherweise bedeutend“ und fügte hinzu: „Adams hätte die IRA nicht um Abrüstung gebeten, wenn er keine Zustimmung erwartete.“
Eine öffentliche Zerstörung der Waffen wird es freilich nicht geben, dazu ist das Thema bei den IRA-Mitgliedern zu umstritten. Stattdessen wird die IRA ein oder zwei Waffenlager, vermutlich in der Republik Irland, unter Ausschluss der Öffentlichkeit zubetonieren und die Waffen so unbrauchbar machen. Das müsste von der Internationalen Abrüstungskommission des kanadischen Generals John de Chastelain bezeugt werden. Es wäre das erste Mal in der irischen Geschichte, dass eine Guerilla freiwillig ihre Waffen zerstört.
Ob das den Unionisten ausreicht, ist nicht sicher. Trimbles Unionistische Partei ist tief gespalten, kaum die Hälfte seiner Abgeordneten befürwortet das Belfaster Abkommen vom Karfreitag 1998, das den Nordiren ein Regionalparlament und eine Mehrparteienregierung beschert hat. Um als Premierminister wieder eingesetzt zu werden, benötigt Trimble eine Mehrheit sowohl der katholischen als auch der protestantischen Abgeordneten. Sinn Féin und die katholischen Sozialdemokraten werden für ihn stimmen, weil sie das Abkommen retten wollen, doch ausgerechnet die eigene Partei könnte ihn zu Fall bringen. Einer seiner Abgeordneten, Peter Weir, bezeichnete Adams’ Abrüstungsankündigung gestern als „zynischen Trick“.
Sobald die IRA mit der Ausmusterung ihrer Waffen beginnt, will die britische Regierung die meisten der elf Armeeforts im Grenzgebiet zur Republik Irland abbauen. RALF SOTSCHECK
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