: Besuch bei Arnold
■ Tim Ingolds große Amerika-Serie. Heute: Das Leben ist voller Kompromisse
Als ich neulich Arnold Schwarzenegger besuchte, fiel mir zuallererst das ungewöhnliche Auto in der Einfahrt auf, ein riesiger olivgrüner, kastenförmiger Geländewagen. Mensch Arnold, sagte ich, was ist das denn für –ne Karre? Und er antwortete: Das ist ein High-Mobility Multi-purpose Wheeled Vehicle der US Army, kurz HMMWV, auch Humvee oder Hummer genannt, der Nachfolger des Willys Jeep. Da kannst du alles mit transportieren, von Kranken bis zu Kühlschränken, und da kannst du alles draufschrauben, von der Maschinenkanone über den Mörser bis zu einem Drillings-Startgerät für Flugkörper. Saupraktisch, das Teil. Es eignet sich sogar als Eßtisch: Während Desert Storm nahmen Bush Sen. und seine Frau Barbara ihr Thanksgiving-Dinner auf der Motorhaube ein.
Und warum hast Du Dir so ein Teil zugelegt, fragte ich, doch nicht, um Deine Händl auf der Motorhaube zu spachteln, oder? Nein, sagte Arnold, mein alter Fiat Uno ist nicht mehr durch den TÜV gekommen. Da dachte ich, es sei mal an der Zeit, mir ein Auto zuzulegen, in dem ich sitzen kann, ohne ein Loch ins Dach sägen zu müssen. Außerdem kann ich auf diese Weise meine Solidarität mit unseren Jungs demonstrieren, die überall in der Welt in diesen völlig komfortlosen, beinharten Kisten sitzen müssen. Dann ist dieser Wagen also auch, ähnlich wie der Fiat, ein Kompromiß: Platz ja, Komfort nein, sagte ich. Das ganze Leben ist voller Kompromisse, philosophierte Arnold. Neulich mußte ich mich entscheiden, ob der 30-Quadratmeter-Whirlpool in meinem Siebthaus in Kanada im Erdgeschoß oder im ersten Stock installiert werden sollte: Im ersten Stock wäre er näher am Schlafzimmer gewesen, aber bei voller Befüllung, hatten die Architekten errechnet, hätte der Boden nachgegeben. Ich stand also vor der Entscheidung, einen kleineren Pool im ersten Stock einbauen zu lassen oder einen großen im Erdgeschoß. Ich beratschlagte nächtelang mit meiner Frau. Schließlich kamen wir überein, es mit einem Kompromiß zu versuchen: wir entschieden uns für einen 15-Quadratmeter-Pool im ersten Stock. Ich legte Arnold seufzend eine Hand auf die Schulter. Kenne ich, versicherte ich ihm.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen