Aus Verantwortung zum Retortenclub

Die Gesellschafter der SG Schwartau-Lübeck werden sich heute dafür entscheiden, unter dem Namen SG HSV künftig in Hamburg Bundesliga-Handball zu spielen  ■ Von Oke Göttlich

Die Entscheidung über den künftigen Spielort des Deutschen Handballpokalsiegers SG Schwartau-Lübeck wird nur noch künstlich hinausgezögert. „Das muss doch ein wenig spannend gehalten werden“, sagt SG-Sprecher und Hauptsponsor Winfried H. Klimek vor der heutigen Entscheidung der neun Gesellschafter der Spielgemeinschaft.

Dass es aus wirtschaftlicher Sicht kaum eine andere Möglichkeit für den darbenden Lübecker Vorstadtklub und seine Investoren gibt, erleichtert vielen Entscheidungsträgern die Zustimmung zum Umzug in die benachbarte Großstadt und ihre Arena am Volkspark. „Es gibt drei Möglichkeiten“, erklärt Manager Sascha Schlichte, „wir können unseren Etat auf eine Million Mark reduzieren und zukünftig im unteren Mittelfeld in der Zweiten Liga spielen, den Laden ganz zu machen oder wir wagen den Schritt nach Hamburg.“ Der Manager und der Elektronikunternehmer Klimek gehören eindeutig zu den Befürwortern einer Spielortverlegung. Unverständlich ist für beide, weswegen nur wenige Fans in der Region an Bundesligahandball interessiert sind. Bislang war die Lübecker Hansehalle bei keinem Heimspiel ausverkauft.

Auch das Engagement der regionalen Wirtschaftsunternehmen ist kaum ausreichend. Selbst die äußerst engagierte Marketing-Interessen-Gemeinschaft (MIG), bestehend aus eingefleischten Fans in regionalen Unternehmen, konnte zu dem bisherigen Etat von 3,8 Millionen Mark nur 100.000 Mark statt der versprochenen Million beitragen. Zu wenig, um eine Mannschaft in obere Tabellenregionen der Handball-Bundesliga zu führen. „Zwischen sechs und acht Millionen Mark benötigt man, um in Hamburg eine europäische Spitzenmannschaft aufzubieten“, rechnet Sascha Schlichte vor, der dem künftigen Hamburger Publikum zwei bis drei neue und bekannte Spieler präsentieren möchte.

Die Verantwortlichen rechnen stark mit dem etwa zehnmal so hohen Fanpotenzial im Hamburger gegenüber dem Lübecker Raum und hoffen auf durchschnittlich 5000 bis 6000 Zuschauer in der neuen Arena. Dafür werden bereits in dieser Saison „Schnupperspiele“ in der Alsterdorfer Sporthalle angeboten werden, bevor in der nächs-ten Spielzeit von Beginn an in Hamburg gespielt werden soll. Die Lübecker Fans sollen mit einem kostenlosen Busshuttle nach Hamburg gebracht werden.

„Natürlich haben wir alle eine Träne im Knopfloch“, sagt Klimek, „doch es kann nicht angehen, dass wir hier defizitär arbeiten, nur damit die Region uns Beifall klatscht.“ Und auch Schlichte wirbt um Verständnis für den Umzug: „Wir sind doch finanziell verantwortlich für unsere Spieler.“