Reue, Empörung und Betroffenheit vor Gericht

Die Mutter der ermordeten Ulrike erzählt von der Lebensfreude ihrer Tochter. Der Angeklagte bereut seine Tat. Gutachter: Verdeckungsmord

Die Mutter der ermordeten zwölfjährigen Ulrike aus Eberswalde hat den mutmaßlichen Täter zu Ehrlichkeit aufgefordert. „Stehe zu deinen Taten und lüge hier nicht rum“, sagte Kerstin B. nach ihrer Zeugenaussage vor dem Landgericht Frankfurt an der Oder zu dem Angeklagten. Zuvor hatte Stefan J. am neunten Tag des Prozesses erstmals Reue bekundet. Die nahm ihm Ulrikes Mutter jedoch nicht ab.

Ein Gerichtsmediziner erklärte den 25-Jährigen für unvermindert schuldfähig. Er könne keine Anzeichen erkennen, dass der Angeklagte im Alkoholrausch gehandelt habe, als er Ulrike am 22. Februar auf dem Weg zum Handballtraining verschleppte, vergewaltigte und tötete. Diesen Eindruck hatte der geständige Angeklagte vermitteln wollen.

Nach Ansicht von Ulrikes Mutter hat er das Mädchen absichtlich angefahren. „Wenn sie aggressiv war, kann ich mir nur eines vorstellen: dass sie schon verfolgt wurde.“ Der Angeklagte hatte geschildert, Ulrike habe ihm ans Schienbein getreten, als er ihren Fahrradlenker zurechtbiegen wollte.

Die Familie war 1997 in ein Einfamilienhaus nach Eberswalde-Finow gezogen. Nur 400 Meter davon entfernt traf Ulrike im Februar auf ihren Peiniger. „Ulrike hatte eine glückliche Kindheit, wurde nicht von ihrem Vater verprügelt“, berichtete die Mutter mit Anspielung auf die Kindheit des Angeklagten. „Aber sie kann jetzt nichts mehr darüber erzählen, weil sie getötet und wie Abfall weggeworfen wurde.“

Der Angeklagte hatte während der Aussage reglos nach unten geblickt. Als die Vorsitzende Richterin ihn nach einer Stellungnahme fragte, schüttelte er zunächst den Kopf. Dann sagte er leise und undeutlich: „Ich bereue, was ich getan habe.“

Ein Gerichtsmediziner hatte zuvor die schweren Verletzungen geschildert, die das Mädchen erlitt. Der Angeklagte habe Ulrike mit ihrem Fleeceschal erdrosselt, sagte der Gutachter. Dies müsse mehrere Minuten gedauert haben. „Nach gerichtsmedizinischer Auffassung handelte es sich um einen Verdeckungsmord, nicht um einen Lustmord.“

Nach Aussage des Leiters der Eberswalder Mordkommission, Reinhard Höhne, hatte Stefan J. vor und nach dem Mord eine Serie anderer Straftaten begangen. Wenige Tage vor der Tötung der Zwölfjährigen war der 25-Jährige in einem Eberswalder Kindergarten eingebrochen. Kurz darauf habe er mehrere Autos entwendet, mit einem der Fahrzeuge einen Unfall verursacht und sei geflüchtet, sagte Höhne. Der Prozess soll am Donnerstag fortgesetzt werden. Das Urteil wird für Mitte November erwartet.

AP/DPA