: 2:0 für die Sparkommissare
Die Kultusminister räsonnieren: Mehr Geld für Bildung, weil Deutschland sonst zu dumm ist für den digitalen Kapitalismus. Die Finanzminister handeln: Sie kürzen – und verhöhnen die Kultusfritzen
Da wollten die Bildungsminister sich mal ganz besonders schlau anstellen. Kürzlich gaben sie eine Prognose über den Akademikermangel in Deutschland heraus. Der nehme ab 2015 so dramatische Formen an, ließen sie die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (BLK) klagen, „dass er sich ausgesprochen kritisch für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland“ auswirke. Der unausgesprochene Wunsch: Für Schulen, Hochschulen und Weiterbildung muss mehr Geld her.
Die Finanzminister jedoch machten den fürs Schöne und Gute zuständigen Kabinettsmitgliedern einen dicken Strich durch die Rechnung. Obwohl die Bildungsplaner gar keine konkreten Summen für die Hoch-/Schuletats beansprucht hatten, wiesen die Männer mit den Rotstiften das Ansinnen pauschal zurück. Im Gegenteil. Weil die Schülerzahlen bald zurückgingen, könne man an der Bildung sogar sparen. Das war das 1:0 für die Finanzminister.
Jetzt stehen die Bildungsminister dumm da. Ihr Plan, die Kabinette der Länder bundesweit zu einer Art Grundsatzentscheidung „Köpfe brauchen Investitionen“ zu bugsieren, ist in den Augen der Öffentlichkeit erst mal gescheitert. Während nämlich die cleveren Finanzer den leicht verstehbaren Merksatz „Weniger Schüler brauchen weniger Geld“ unters Volk brachten, stehen die Kultusfritzen weiter mit klugen, aber komplexen Analysen da. Sie verweisen auf die OECD-Studie vom Mai. Und eine eigene längliche Argumentation – die sie freilich noch gar nicht veröffentlichen können. Denn das komplette BLK-Papier schmort noch in den Schubladen der Regierungschefs.
Am Montag ist nun die Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) in die Bütt gestiegen, um den medialen Flop ihrer Länderkollegen schön zu reden. Weit ist sie nicht gekommen bei ihrem Auftritt in Bonn. Zwar appellierte die Frau, deren Bildungsetat seit 1999 sukzessive stieg, man müsse „die Finanzierungsanstrengungen fortsetzen und darf nicht nachlassen“. Aber auf die praktische Länderpolitik hat Bulmahn keinen Einfluss. Und das merkt man. Überall.
Die BLK mag gerne dramatisieren, dass Ostdeutschland „ausbluten“ werde, wenn man nicht sofort etwas für die Attraktivität der Bildungseinrichtungen dort tue. Gleichzeitig streicht zum Beispiel das bisherige Paradebildungsland Sachsen seine Hochschuletats zusammen. Obwohl das die zweite akademische Abwicklungswelle zwischen Leipzig und Dresden nach sich ziehen wird.
SPD-Ministerin Bulmahn mag gerne an das angegraute Sozi-Prunkstück „Bildungsbeteiligung für alle“ erinnern. Gleichzeitig gibt ihre SPD-Kollegin Christiane Krajewski in Berlin eine Kürzungsliste heraus, die vor allem eins enthält: Abstriche im Bildungsetat. Weniger Lehrer, höhere Kitagebühren, Studiengebühren für vermeintliche Uni-Bummler. Das steht in den Planspielen der Finanzministerin Krajewski – obwohl die Sozis in Berlin nur eins vom Kürzen verschonen wollten: Bildung.
Die Crux der Bildungsminister ist freilich, dass sie nicht nur im tagtäglichen Kleinkrieg um Haushaltstitel und pauschale Minderausgaben verlieren. Auch ihre Masterplan droht fehlzuschlagen. Ihr BLK-Papier ist ja ein großer Wurf, weil er mit nichts weniger als der „dritten industriellen Revolution“ argumentiert. Im Zuge der Umstellung von der alten Industriegesellschaft auf den digitalen Kapitalismus sehen sie ganz neue Qualifikationsanforderungen. „Insbesondere in den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, aber auch bei wachstumsorientierten Naturwissenschaften“, schreiben die Bildungsplaner, „werden innovative Dienstleistungsaufgaben entstehen.“ Das ist zweifellos richtig. Nicht nur der Green-Card-Schock von 1999 hat das bewiesen, als Deutschland sich entschloss, Informatiker und Sofwareingenieure aus dem Ausland zu importieren – weil die deutschen Hochschulen davon schlicht zu wenige ausbildet.
Aber auch diese Großthese haben die Finanzminister kühl gekontert. Der BLK-Bericht sei „geeignet, die Einsparpotenziale [. . .] zu verschleiern.“ Die Kultusleute, so höhnen die Sparkommissare, wollten „politische Vorentscheidungen mit dem Ziel initiieren, die bisherigen Ressourcen ungeschmälert im Bildungssystem zu belassen.“ Das ist ein Argument – das 2:0 für die Finanzminister. CHRISTIAN FÜLLER,ANDREAS KAHLER
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