: Am besten was Emotionales
betr.: „Regierungsunfähige Anhänger“ von Joachim Raschke, taz vom 25. 10. 01
Als ehemaliger Funktionsträger von Bündnis 90/Die Grünen lässt mich die abnehmende Zustimmung der Deutschen für diese Partei und die zunehmende Konfusion in dieser Partei nicht gleichgültig. Die Befürchtung von Herrn Raschke, dass die Anhänger des Postmaterialismus weder politik- noch regierungsfähig sind, teile ich jedoch nicht. Zustimmen kann ich Herrn Raschke aber in der Hinsicht, dass die Grünen ihre Ansprüche reduzieren und endlich ihre Lektion beim Regieren lernen müssen. Wortgewaltige Programme, die sowieso keiner liest, kann man sich jetzt, wo es weltweit gegen den Terror geht, nicht mehr leisten. Es muss also irgendetwas her, was dem Volk die richtige Wahl erleichtert, am besten was Emotionales. Was aber eignet sich dazu besser als Musik? Ich schlage daher vor:
1. Die Gründung einer den Grünen nahe stehenden Band mit dem Namen „Ussama bin Bush Band“ bzw. – falls sich genügend Musikkulturschaffende finden – „Ussama bin Bush Big Band“.
2. Einspielung von Wahlkampfhits, die jeweils auf die spezifischen Bedürfnisse unterschiedlicher Wählerschichten zugeschnitten sind. Gemüter schlichterer Strickart könnte man sicher mit dem Titel „Ussama bin Bush Bumm“ ansprechen, die Erweiterung auf ein zackiges „Ussama bin Bush Bumm Bumm“ dürfte auch für Freunde der Marschmusik gefällig klingen. Eingefleischte Autofahrer und ADAC-Mitglieder wiederum könnten mit einem rasanten „Ussama bin Bush Brumm Bumm“ für eine postmaterialistische grüne Politik begeistert werden. Ebenso erfolgversprechend wäre sicher die auf die Trucker-Gemeinde zugeschnittene Sonderfassung „Ussama bin Bush Big Brumm Bumm“. Die des Denglischen mächtige Mittelschicht ließe sich mit einem beschwingten „Ussama bin Bush Bang Boom“ erneut für grüne Inhalte gewinnen. Die Jugend ginge mit dem Titel „Ussama bin Bush Bhang Bong“ für die Grünen durchs Feuer und mit der simplen Erweiterung auf „Ussama bin Bush Big Bhang Bong“ ließe sich die Aussicht auf eine Intervention der Bundeswehr in Afghanistan attraktiv gestalten.
3. Als flankierende Maßnahmen wären geeignet: Der Parteirat der Grünen könnte als Hintergrundchor alle Einspielungen der Ussama bin Bush Band (resp. Ussama bin Bush Big Band) mit der gesungenen Version des denkwürdigen Satzes des amerikanischen Präsidenten vom 13. 9. 2001: „We are not going to change our way of life“ unterlegen.
Das Zugpferd der Grünen, Außenminister Joschka Fischer, sollte die Gründung einer internationalen Initiative zur Einführung des ökologischen Hanfanbaus – selbstverständlich THC-frei – in Afghanistan der Post-Talibanzeit ankündigen.
Die message kommt bestimmt an bei der postmaterialistischen Wählerschaft. Schließlich gilt: „They always come back“.
PETER KARRER, Trèves, Frankreich
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