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Neuer Kongo-Dialog in weiter Ferne

Vor zwei Wochen platzte der „innerkongolesische Dialog“ zwischen den Kriegsparteien der Demokratischen Republik Kongo. Eine baldige Wiederaufnahme der Gespräche erscheint unwahrscheinlich. Der internationale Vermittler hat kein Geld

von DOMINIC JOHNSON

Der Friedensprozess für Afrikas größten Krieg ist in eine Phase des Stillstands eingetreten. Zwei Wochen nach dem Abbruch des „innerkongolesischen Dialogs“ zwischen den zivilen und militärischen Kräften der in Warlord-Gebiete zerfallenen Demokratischen Republik Kongo bewegt sich diplomatisch nichts; die militärischen Planungen aller Seiten laufen indes auf Hochtouren.

Der ursprünglich auf 45 Tage angesetzte Dialog, der am 15. Oktober in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba unter Vorsitz des internationalen Vermittlers Ketumile Masire begonnen hatte, war kurz nach Beginn abgebrochen und nach einer Woche formell beendet worden. Hauptgrund für die Pleite war die schlechte finanzielle Vorbereitung, wofür sich der Vermittler und die ausländischen Geldgeber gegenseitig verantwortlich machen.

Während die EU als wichtigster Geber sagt, sie habe alle Finanzzusagen erfüllt, meint Masire, die EU habe nur 90 Prozent der zugesagten 1,8 Millionen Dollar gezahlt und 50 Prozent seien erst eine Woche vor Dialogbeginn eingetroffen. Die Gesamtkosten des Dialogs hatte Masire auf fünf Millionen Dollar angesetzt. Sein Büro hatte aber zum Dialogbeginn nach eigenen Angaben nur 250.000 Dollar auf dem Konto; die meisten davor eingetroffenen Gelder waren für Vorbereitungsrunden draufgegangen. Im September konnte Masire nicht einmal die von den äthiopischen Hotels geforderte Vorauszahlung von einer Million Dollar für 400 gebuchte Zimmer leisten. Die Hotels stornierten Masires Buchungen; Masire senkte die Teilnehmerzahl des Dialogs von 330 auf 80. Damit entzog er den Beratungen nach Ansicht der kongolesischen Regierung ihren Wert.

Abgesehen von der vagen Einigung in Addis Abeba, sich „in einem Monat“ in Südafrika erneut zu treffen, gibt es bis heute keine genaue Einigung über Ort und Zeitpunkt einer Wiederaufnahme des Dialogs. Am 9. November soll darüber am UN-Hauptquartier in New York beraten werden. Während Kongos Rebellen fordern, den Dialog am 20. November in der ursprünglich vorgesehenen Zusammensetzung weiterzuführen, verlangt die Regierung unter Joseph Kabila eine Neuverhandlung über die Zusammensetzung der Delegationen und macht davon auch ihre Zustimmung zu einem neuen Termin abhängig.

Die regierungstreue Presse Kinshasas stellt den Dialog inzwischen als Hindernis zur Verwirklichung der politischen Ziele der Regierung dar. Wichtiger als Gespräche mit den Rebellen sei der Abzug ausländischer Truppen aus dem ost- und nordkongolesischen Rebellengebiet – in der Hoffnung, dass die von Ruanda und Uganda unterstützten Rebellenbewegungen RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) und MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) dann von alleine zusammenbrechen könnten.

Angesichts dessen schließen sich die Rebellen enger zusammen. RCD und MLC, tendenziell bisher verfeindet, haben die Bildung einer gemeinsamen Armee angekündigt, um gegen irreguläre Milizen vorzugehen – kongolesische Mayi-Mayi, ruandische Hutu-Milizen und burundische Hutu-Rebellen, die im geltenden Friedensplan als zu entwaffnende „negative Kräfte“ bezeichnet werden. Die Truppe soll laut RCD 5.000 Mann umfassen.

Eine Fusion von RCD und MLC, wie es eine Zeitung in Kinshasa für kommendes Wochenende gemeldet hat, ist nach Angaben von RCD-Sprecher Kinkiey Mulumba „noch nicht“ aktuell. Kinkiey bestätigte jedoch, dass sich am Wochenende die Führungen der beiden Gruppen treffen wollen, um „gemeinsame politische, diplomatische und militärische Aktionen“ zu planen. Gemeinsamer Gegner dürfte die von Uganda unterstützte Splittergruppe RCD-ML (RCD-Befreiungsbewegung) sein. Sie beherrscht einen an Uganda angrenzenden Teil Ostkongos, den RCD und MLC beide reklamieren. Zwar hat die UNO Meldungen nicht bestätigt, wonach Ruandas Armee in das RCD-ML-Gebiet vorgerückt sei. Doch RCD-Sprecher Kinkiey warnt, dass RCD-ML-Führer Mbusa Nyamwisi „mit Kabila und mit den negativen Kräften verbündet“ sei. Damit erklärt er Mbusa zum Kriegsgegner.

Die UNO plant derweil eine Erweiterung ihrer Blauhelmmission im Kongo. Der Sicherheitsrat billigte am 24. Oktober einen Vorschlag von UN-Generalsekretär Kofi Annan, die derzeit 2.408 Mann starke Truppe bis Anfang 2002 auf 3.800 aufzustocken. Die neuen Einheiten sollten in der von der RCD beherrschten zentralkongolesischen Stadt Kindu stationiert werden.

Von Kindu aus sollen die Blauhelme auf freiwilliger Basis Milizen demobilisieren und humanitäre Hilfe für besonders von Krieg betroffene Gebiete ermöglichen. Dies wäre ein erster Schritt zur „dritten Phase“ der UN-Mission, in der die UN-Truppe, so Annan, „den vollständigen Abzug aller ausländischen Kräfte vom Staatsgebiet der Demokratischen Republik Kongo und die Entwaffnung und Demobilisierung der bewaffneten Gruppen“ herbeiführt.

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