: Nordirland bleibt Krisenland
Zwei protestantische Abweichler verhindern die Wiederwahl von David Trimble als Premierminister. Nun droht Auflösung der Regionalregierung – oder Neuwahlen
BELFAST afp ■ Nordirlands Regionalparlament hat die Wiederwahl des Protestantenführers David Trimble zum Regierungschef abgelehnt und damit den nordirischen Friedensprozess erneut in eine tiefe Krise gestürzt. Der Chef der Ulster Unionist Party (UUP) scheiterte am Freitag in Belfast an der mangelnden Unterstützung in den eigenen Reihen: Es gelang ihm nicht, die Mehrheit der protestantischen Stimmen auf sich zu vereinen.
In Nordirland müssen nun entweder Neuwahlen ausgerufen werden oder die Provinz wird wieder unter britische Direktverwaltung gestellt. Der britische Nordirlandminister John Reid berief für den Nachmittag eine Sondersitzung mit allen Konfliktparteien ein. Protestantische Hardliner sowie der politische Arm der IRA, Sinn Féin, forderten Neuwahlen.
Zwei Abgeordnete aus Trimbles Partei stimmten gemeinsam mit der extremistisch-protestantischen Democratic Unionist Party (DUP) gegen den UUP-Chef, weil dieser sich in ihren Augen zu nachgiebig gegenüber der IRA gezeigt hatte. Nach den Regeln des nordirischen Parlaments hätte Trimble eine „doppelte Mehrheit“ benötigt: Sowohl von den protestantischen als auch von den katholischen Abgeordneten mehr als 50 Prozent der Stimmen.
Trimble sagte nach dem Votum, die Entscheidung des Parlaments bedeute nicht automatisch das Aus für den „bemerkenswert robusten“ Friedensprozess. Die IRA hatte in der vergangenen Woche überraschend mit der Vernichtung ihres Waffenarsenals begonnen und damit Hoffnungen auf Fortschritte im Friedensprozess geweckt. Trimble hatte daraufhin seine erneute Kandidatur als Regierungschef angekündigt. Anfang Juli war er wegen der ausbleibenden Entwaffnung der IRA als Erster Minister zurückgetreten. Das hatte Nordirland in eine tiefe politische Krise gestürzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen