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Die Anpackerinnen

■ Unternehmerinnenmesse „entreprenesse“ findet in der Unteren Rathaushalle statt

Der Entrepreneur findet sich in jedem Französisch-Wörterbuch. Entrepreneur (m), Unternehmer, Lieferant, Industrieller. Sein weibliches Pendant, die Entrepreneuse, muss sich ihren Platz – nicht nur in den Wörterbüchern – noch erkämpfen. Bremens Jung-Unternehmerinnen scheinen dazu bereit. Gestern haben sie die „Erste Bremer Unternehmerinnen-Messe und Tagung“ eröffnet.

Bis zum Samstag präsentieren sich 30 Frauenbetriebe aus den Bereichen Handwerk, Handel, Dienstleistung noch in der Unteren Rathaushalle. Dabei kommt der Titel, „Entreprenesse 01“, im abgewandelten Franco-Jargon so modisch-flott daher, wie sich die Welt die Unternehmerinnen von heute wohl vorstellt. Die allerdings haben ihr Outfit in der honorigen Halle den moderaten Raumtemperaturen angepasst. Ein Ort zudem, an dem Männer wohl noch nie eine „Unternehmermesse“ abgehalten haben. Und das ist nicht der einzige Unterschied zur übrigen Geschäftswelt.

Ganz hinten im Saal beispielsweise sitzt Margrit Marquardt von der Familienservice GmbH. Kein Zufall: Kinder- und Familienpflichten schränken viele Frauen ein – „aber auch Arbeitgeber“, sagt Marquardt. Ihre Firma, vor Jahren als Existenzgründungsidee ins Leben gerufen, bietet maßgeschneiderte Lösungen für familiäre Engpässe. Vielfach im Auftrag von Arbeitgebern oder auch Krankenkassen, vermittelt sie Kinderbetreuung, ganztags oder stundenweise, oder auch die Versorgung alter, pflegebedürftiger Menschen, um so die Familienmütter fürs Berufsleben zu entlasten. Auf der Messe ist sie vertreten, um Kontakte zu knüpfen – und natürlich, um die obligatorische Kinderbetreuung zu gewährleisten, damit sich die Unternehmerin von morgen ungestört im Fachfrauengespräch informieren kann. Und das umfassend.

Denn – auch das ist ungewöhnlich – die allermeisten Stände werden jeden Tag anders besetzt sein. Dass dabei eine „Mitbewerberin“ der anderen vom Folgetag schon mal den Stuhl vorwärmt, hat Kalkül. „Es gibt eben eine neue Kultur“, sagt Angela Podbielski von „ars pecunia“. Es sei einfach nicht sinnvoll, sich gegen die Mitbewerberinnen abzuschotten. Der selbstständigen Finanzwirtin, die zu Jahresbeginn in der Airport-City mit Finanzberatung an den Start gegangen ist, ist Vernetzung wichtig – und das nicht nur in Form des Gesprächs unter Selbstständigen, denen sie die „Key-Person-Police“ für schwer ersetzbares Schlüssel-Personal anbietet. Sondern grundsätzlich. Und so werden heute und morgen auf „ihrem Platz“ andere Finanz- und Versicherungsberaterinnen anderer Unternehmen sitzen, auf die sie sogar hinweist. „Ich kann mir nicht leisten, mehr als einen Tag in meiner Firma zu fehlen.“

„Netzwerk“ – das ist auch das Stichwort für Alke Osmers. Die Unternehmensberaterin für klein- und mittelständische Unternehmen zählt mit fünf Jahren am Markt schon zu den Seniorinnen auf der entreprenesse, auf der überwiegend jüngere Firmen vertreten sind. Aber gerade deshalb Osmers gekommen: „Wir müssen das wie die Herren betreiben“, sagt sie nüchtern. „Mal kurz durchrufen, wie gehts, womit kann ich helfen?“ Wenn sie gerade keine Gespräche führt, hackt sie Zahlen in den Laptop. Morgen wird auf ihrem Stuhl eine Mediatorin sitzen. „Wenn das zwischen den Gesellschaftern nicht klappt, schlägt sich das oft auf die Zahlen nieder“, weiß sie. Logisch, dass eine Mediatorin zu ihrem Kooperationsnetz gehört.

ede

entreprenesse, Erste Bremer Unternehmerinnen-Messe und Tagung, bis Samstag täglich von 10 bis 18 Uhr

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