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Kulturen unter Beobachtung

■ An der Bremer Uni wurde das Institut für Kulturforschung eröffnet. Arbeitsschwerpunkt soll das interkulturelle Geschehen sein

Auch wenn die Reminiszenz ans Interkulturelle beim Festakt zur Eröffnung des bremer instituts für kulturfoschung (bik) erstmal im Auftritt zweier persischer Musiker bestand: Das neugegründete Institut an der Universität Bremen hat sich in dieser Hinsicht einiges vorgenommen. Migration und kulturelle Identitäten sollen ein Schwerpunkt fächerübergreifenden Zusammenarbeit sein, und dabei soll es nicht nur um graue (oder kulturell: bunte Theorie) gehen. Vielmehr will das Kulturforschungs-Institut, so die Ethnologin und Kulturwissenschaftlerin Maya Nadig, auch eine Rolle als Politikberaterin übernehmen.

ForscherInnen der Universität Bremen aus unterschiedlichen Studiengängen – aus der Romanistik, den Sozial- und Musikwissenschaften, der Ethnologie, der Religions- und der Literaturwissenschaft – haben sich zusammengetan, um einerseits gemeinsam leichter an Forschungsgelder heranzukommen, andererseits aber auch einem veränderten Kulturbegriff zu huldigen: „Wir fahren nicht mehr in die Fremde, die Fremde kommt zu uns“, beschreibt Nadig den nicht ganz neuen Sachverhalt. Daraus aber folgt, dass ein Kulturbegriff, der den anderen – oder der eigenen Kultur – ganz einfach ein paar Eigenschaften zuschreibt, passé ist. „Wir dürfen nicht mehr typisierend vorgehen. Wir haben es mit einer Kultur zu tun, die sich ständig ändert und im Prozess ist. Und die Kulturwissenschaft muss den Zusammenschluss der Kulturen oder auch den Zusammenprall beschreiben.“

Fragen, die im Moment natürlich von einiger Aktualität sind, aber die Weltlage wird das Bremer Institut, das mit anderen europäischen und nordamerikanischen Forschungseinheiten kooperieren will, erst in zweiter Linie beschäftigen.

Weil die Kulturwissenschaft eben kein fertiges Bild von ihrem Gegenstand in der Tasche hat, sollen mit der bescheidenen Methode der teilnehmenden Beobachtung interkulturelle Felder ausgleuchtet, beschreiben und möglicherweise in politische Konzepte gegossen werden. Das Themensprektrum reicht dabei vom HipHop-Girl und dessen Identitätsentwurf über obdachlose Mädchen in Norddeutschland bis zur Arbeit am Ehemann durch philippinische Heiratsmigrantinnen.

Wie solche Forschung in Praxis wirksam werden könnte, beschreibt der Dekan des Fachbereichs Kulturwissenschaften Jürgen Lott: „Wenn die Bremer Bildungspolitik jetzt gerade den getrennten islamischen Unterricht einführen will, würde das Institut sie vielleicht anders beraten. Vielleicht ist die Religionszugehörigkeit der Schüler ganz sekundär geworden gegenüber der gemeinsamen Lebenspraxis. Und nun verschärft die Bildungspolitik die Grenzen.“

Wie bedeutend der Blick auf das gemeinsame der Kulturen sein kann, bestätigt auch der zum Festakt eingeladene Werner Schiffauer, Professor für Kulturanthropologie in Frankfurt/Oder. Bei seiner Untersuchung über die islamistische Kölner Kaplan-Gruppe stellte er fest, dass erst die zweite Generation der eingewanderten Moslems Sympathien für die hierarchische und im Grunde an westlichen Maßstäben geschulte Lesart des Koran gehabt habe.

Elke Heyduck

Heute beginnt die erste Tagung des Institutes zum Thema Popkulturtheorie. Ab 13 Uhr 30 werden Vorträge zu HipHop-Identitäten, zur Ästhetik der Pop- und Rockmusik und zur Universalität der musikalischen Sprache gehalten. Die Teilnahmegebühr für Donnerstag und Freitag beträgt 45 DM, ermäßigt 15. Auskunft und Anmeldung unter Tel.: 218-2696.

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