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■ Krieg gegen AfghanistanStoppt Schröder und Fischer!

betr.: „Mit Volldampf in die Niederlage“, Kommentar von Christian Semler, taz vom 7. 11. 01

Was bedeutet denn Solidarität? Auf das Wohl eines anderen bedacht zu sein und sich dafür engagieren. Und uneingeschränkte Solidarität? Auf das Wohl eines anderen bedacht sein und sich dafür engagieren wie für das eigene. [...]

Die USA in einer Strategie zu unterstützten, die bereits dazu geführt hat, dass Bin Laden nur noch gewinnen kann (Sir Michael Howard) – das ist keine Solidarität. Und schon gar keine uneingeschränkte. Das ist nur kurzsichtig und feige. Und ich habe Angst, dass – wenn wir als Staat künftig keine anderen Reaktionsmöglichkeiten finden – wir teuer dafür bezahlen werden.

ANJA H. CHRISTNER, Berlin

Es geht um die Aufteilung der Schuld. Jeder, der in der Anti-Terror-Allianz Zusammengeschweißten soll nicht nur seine Solidarität mit den Lippen bekunden, sondern sich auch die Hände blutig machen; Aufteilung der Blutschuld und dadurch Verringerung der Schuld der Einzelnen und zukünftige Erpressbarkeit für weitere Aktionen dieser Art. [...] Herr Schröder wird sich hüten, seinen uneingeschränkten Verbündeten zu verprellen, eigenständig zu denken, nichtmilitärische Konfliktlösungen zu präsentieren, wie es sich eigentlich für den Regierungschef eines Landes gehört, der Verantwortung gegenüber seinem Volk und seinen Verbündeten trägt. Stoppt Schröder jetzt! KERSTIN WITT, Berlin

Hurra! Friedenskanzler Schröder, Vizefriedenskanzler Fischer. Sie haben es schafft! Wir sind wirklich wieder wer und als ab sofort „Global-Mit-Players“ endlich dahin zurückgekehrt, wohin wir nach dem Schrecken der letzten beiden von uns mit- bzw. von uns alleine verursachten Weltkriege mit 80 Millionen Toten niemals mehr zurückkehren wollten: „Germans to the front!“

Pardon wird auch dieses Mal nicht gegeben. Einen „deutschen Sonderweg“ wird es nach diesem Tabubruch nie wieder geben. Mit ihrem Blankoscheck, der „uneingeschränkten Solidarität“ und dem völlig unverständlichen geradezu anwidernden Angebot des Einsatzes deutscher Truppen im unwegsamen Hindukusch-Gelände bringt die rot-grüne Bundesregierung ohne Not das Leben junger deutscher Soldaten in Gefahr. [...]

Nachdem sich die Mehrheit der deutschen Bevölkerung gegen eine aktive Beteiligung an der Militärintervention ausgesprochen hat, kann das Handeln dieser Regierung als Bruch des Verfassungsgrundsatzes, Schaden vom deutschen Volk abzuwehren, gesehen werden. [...] BERNHARD FRICKE,

Vorsitzender David gegen Goliath, München

Ich vermisse in der Diskussion um Solidarität mit den USA, dass natürlich auch die USA Bündnispflichten aus Nato-Vertrag und UN-Charta haben, die wir aus deutscher/europäischer Sicht einfordern müssen:

Am wichtigsten ist die Einhaltung und Förderung der UN-Friedensordnung. Neben dem Aufbau des internationalen Strafgerichtshofs gehört dazu aktuell die Überprüfung des US-Angriffs in Afghanistan durch den UN-Sicherheitsrat, weil dieser Angriff nur als vorläufige Maßnahme der Selbstverteidigung geduldet worden sein konnte.

Völkerrechtlich unzulässig ist auf jeden Fall ein „Krieg“ der USA gegen Afghanistan, sei es als Bombenkrieg oder als Unterstützung oder Verschärfung des internen Bürgerkriegs. Nach der UN-Charta wären allenfalls militärische Eingriffe mit klarer Zielsetzung zur Terroristenbekämpfung im Auftrag der UN oder mit Blauhelmsoldaten zulässig.

Wenn sich zeigt, dass die Terrorbekämpfung mit militärischen Mitteln nicht zum Ziel führt oder zu unverhältnismäßigen Menschenopfer führt, muss sie (einstweilen) eingestellt werden. [...] Den USA muss klar gemacht werden, dass eine (vorläufige) Einstellung von Kampfhandlungen kein Zeichen von „Schwäche“, sondern von Stärke eines demokratischen Staates ist, der seine Legitimation auch aus der Wahrung der Menschenrechte ableitet.

HANS-HENNING V. HOERNER, Hannover

betr.: „Das wird eine heftige Debatte“ (Helmut Lippelt), taz vom 7. 11. 01

Leider scheinen sich viele Grüne der Illusion hinzugeben, dass die Grünen in der Regierung mehr Einfluss auf das Kriegsgeschehen hätten als in der Opposition. Genau das Umgekehrte ist der Fall:

Wenn jetzt die rot-grüne Regierung wegen des Krieges auseinander bräche, würde das weltweit die Schlagzeilen beherrschen, die Kriegsbefürworter würden verunsichert und Kriegsgegner überall würden ermutigt. Die Grünen könnten in der Opposition wieder an Stärke gewinnen und ihr Einsatz für weltweite Menschenrechte und Gerechtigkeit wäre wirklich glaubwürdig. Man denke an Jean-Pierre Chevenement, der wegen des Golfkriegs als französischer Minister zurücktrat und auch deshalb jetzt großen Einfluss besitzt. Sicher, für Fischer und Beer wäre es das Ende ihrer politischen Karriere, aber als Grünen-Mitglied seit elf Jahren sind mir die grünen Prinzipien wichtiger als ein paar Promis.

MARTIN HASPELMATH, Leipzig

Da ist sie wieder, die (vermeintlich) leidende Einstimmung darauf, etwas mittragen zu müssen, was man eigentlich (wirklich?) ablehnt. [...] Gegen diesen ganz offensichtlich wahnwitzigen Krieg könnten wir auf der Straße mehr erreichen als in der Regierung – jedenfalls insofern die Leute unseren Demonstrationsaufrufen noch Glaubwürdikeit zubilligen würden. Mit Fischer und seinen direkten Spezis zu diskutieren ist wohl verschwendete Zeit. [...] Wir müssen jetzt klar Front gegen Fischer machen! [...] Stoppt Fischer – ohne jede falsche Vor- und Rücksicht! MARKUS STROBL,

Direktkandidat Wahlkreis I Pankow bei den

Abgeordnetenhauswahlen 1999 f. B’90/ die Grünen

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.

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