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Wechselnde Wertvorstellungen

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) erklärt der Bürgerschaft, wie Schwarz-Schill in Hamburg regieren will  ■ Von Sven-Michael Veit

Kein Wort über die Kultur: In der Regierungserklärung des Schwarz-Schill-Senats, die CDU-Bürgermeister Ole von Beust gestern in der Bürgerschaft abgab, schwieg er sich über dieses Thema aus.

Kein Wunder, hat er doch noch immer eine Lücke in seinem Kabinett. Denn auch zwei Wochen nach dem Amtsantritt des Senats mangelt es der Kulturbehörde weiterhin an einem Präses. Was von Beust offenbar verschmerzen kann, hat er doch vier „Grundüberzeugungen“ zu bieten, „die nicht disponibel sind“, so der 46-Jährige in seiner ersten Rede als Bürgermeister. Wo der Oppositionsführer von Beust früher kämpferisch mit der Faust auf das Rednerpult zu trommeln pflegte, sprach nun ein auf staatsmännisches Wirken bedachter Regierungschef. Sicherheit, Respekt vor allen Menschen, der Rückzug des Staates auf einen Kernbereich sowie der Blick in die Zukunft, so der Regierungschef, seien die vier Essentials für „die Politik des Wechsels“. Und dessen kurzfristige Schwerpunkte lauteten unverändert „Sicherheit, Bildung und Verkehr“.

Ohne den Katalog des Grauens aus dem Koalitionsvertrag erneut im Detail herunterzubeten machte von Beust deutlich, dass diese Vereinbarung umgesetzt werden solle: Breitere Straßen für Autos, mehr Polizisten, mehr Wettbewerb im ganzen Stadtstaat, eine Politik der sozialen Kälte und der harten Hände, der Ausbau des Hafens in Altenwerder und Moorburg, eine weitere Autobahn quer über die vertiefte Elbe - und zum Ausgleich das Standortfestival Olympia 2012.

Zugleich machte von Beust aber - ganz Staatsmann eben - deutlich, dass auch im schwarzen Regierungsgeschäft die Kassen klingeln müssten. Eine stolze Milliarde Mark werde nach den Prognosen der neuesten Steuerschätzung im Hamburger Etat fehlen. „In anderen Politikfeldern“ als den drei vordringlichen gebe es „die Notwendigkeit von zum Teil drastischen Einschnitten“, und das gelte vor allem bei „öffentlichen Hilfsleistungen“ an sozial Schwache. Das werde, ahnt von Beust, „nicht ohne Proteste“ abgehen, aber das „werden und müssen wir durchstehen“.

Um den koalitionären Wunschzettel dennoch finanzieren zu können, müssten eben vordringlich „Vermögenswerte mobilisiert“ werden. Der weitgehende Verkauf städtischer Unternehmen diene „der Finanzierung von Investitionen in den politisch gewollten Schwerpunkten“.

So sei, erklärt Ole von Beust, „die Politik des Wechsels“ umzusetzen, „die klare Wertvorstellungen hat“. Denn nach dem Ende von 44 Jahren SPD-Herrschaft und einer rot-grünen Legislaturperiode, seien „die Zeiten der ideologischen Auseinandersetzungen nun vorbei“. Denn Ideologen, das glaubt der Mann tatsächlich, sind immer nur die anderen.

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