: Eben keine Parteibuchwirtschaft
Filz-Riez darf in der Sozialbehörde weitermachen: CDU-Senatorin spricht dem Lieblingsfeind ihrer Partei das Vertrauen aus ■ Von Sven-Michael Veit
Nach einem Jahr sieht manches anders aus, bisweilen können gar alte Feinde zu neuen Freunden werden. So wie Uwe Riez und die CDU. Der Leiter des Amtes für Arbeit und Sozialordnung (Amt AO) in der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) verbleibt vorerst in dieser Funktion. Das hat die neue Senatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) entschieden.
Als Nummer 3 in der Behördenhierarchie nach Senatorin und Staatsrat bleibt Riez damit einer der engsten Mitarbeiter auch der neuen Ressortchefin. „Die Senatorin entscheidet nach Qualität und Loyalität“, begründet ihre Sprecherin Ute Winkelmann-Bade die Personalie, „und nicht nach Parteibuch“.
Genau wegen seiner SPD-Mitgliedschaft aber galt Verwaltungsjurist Riez der Union bislang als „zentraler Bestandteil des Hamburger SPD-Filzes“, gegen den die CDU im Wahlkampf denn auch mächtig zu Felde zog. Vor genau einem Jahr, am 16. November 2000, legte der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) Filz nach zweieinhalbjähriger Tätigkeit seinen Abschlussbericht vor – und die Unions-VertreterInnen im PUA ein Minderheitenvotum, das an Riez kein gutes Haar ließ (siehe Dokumentation rechts): Er müsse versetzt und disziplinarrechtlich belangt werden, forderten die CDU-Abgeordneten Antje Blu-menthal und Dietrich Wersich.
Heute lassen sie sich nur noch ungern daran erinnern. Blumenthal lehnt jeden Kommentar ab, Wersich ringt sich zu dem Hinweis durch, unter dem neuen Senat habe„jeder eine Bewährungschance verdient“. Und GALierin Dorothee Freudenberg, damals noch als SPD-Koalitionspartnerin im PUA tätig, hält noch heute ihre „deutliche Kritik an der Amtsführung von Herrn Riez aufrecht“.
Der langjährige SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Riez war Anfang der 90er Jahre Geschäftsführer des Beschäftigungsträgers Hamburger Arbeit (HAB) geworden, nachdem der damalige BAGS-Senator Ortwin Runde ihm diesen Job ohne öffentliche Ausschreibung telefonisch angeboten hatte. Über Jahre hinweg forderte Riez von der BAGS höhere Zahlungen an die HAB und focht alle Zuwendungsbescheide der Behörde an. Bis er 1995 selbst Amtsleiter in der BAGS wurde und die behördliche Zuständigkeit auch für die HAB erhielt. In einer seiner ersten Amtshandlungen veranlasste der Senatsdirektor einen Sammelbescheid über 260 Millionen Mark, mit dem rückwirkend alle Forderungen beglichen wurden, die er selbst als HAB-Chef aufgestellt hatte.
Die SPD-Mehrheit im PUA Filz beließ es bei einer Missbilligung für Riez: Man hätte vom Amtsleiter „eine höhere Sensibilität für grundsätzliche Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit“ erwartet. Für die CDU hingegen war die Riez-Affäre ein „eklatanter Fall von Interessenskollision“. Dem Amtsleiter seien „erhebliche Verstöße gegen die Landeshaushaltsordnung“ anzulasten.
CDU-Senatorin Schnieber-Jastram hingegen bewertet die Filz-Vergangenheit ihres Amtsleiters offenbar gnädiger.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen