schnittplatz: Unvermeidliche Kampagnen
Der Stern macht mal wieder große Politik. „Stoppt diesen Krieg“, ist das aktuelle Heft überschrieben. Viele Promis kommen zu Wort: Dieter Hildebrandt, Nena, Bischöfin Maria Jepsen – und, oha, auch Claudia Roth. Anders, als es der reißerische Titel suggeriert, lehnt sich die Grünen-Chefin allerdings nicht weit aus dem Fenster: Sie fordere „eine Aussetzung der Bombardements zu Ramadan und ein Nein zu Streubomben“.
Die Frage ist nur, ob wirklich jeder diesen Text liest – oder nur ihr Foto anschaut und daraus schließt: Die ist auch dagegen. Dass ihr Beitrag in einem kritischen Kontext erscheinen werde, habe Claudia Roth schon gewusst, erklärt dazu ihr Sprecher Hans Langut. Nicht jedoch, wie der Obertitel laute. Am Donnerstag vergangener Woche habe die Stern-Chefredaktion bei Claudia Roth angefragt, ihr Text stamme vom Sonntag. Klar, dass die Entwicklungen dieser Woche nicht berücksichtigt sind. Doch „aus dem Blickwinkel vom vergangene Sonntag gibt es nichts zu revidieren“. Ist Frau Roth jetzt sauer auf den Stern? Nö, sagt Langut: „Im Moment haben wir andere Sorgen.“ Wie wahr.
Aber immerhin ist die Illustrierte wieder im Gespräch: Denn schon vergangene Woche sorgte Chefredakteur Thomas Osterkorn persönlich für Schlagzeilen. Was der Kanzler da mache, sei verrückt, und die PDS die Partei mit der „einzig vernünftigen Haltung zu diesem sinnlosen Krieg“. Da fiel Springers Welt nichts mehr zu ein, das Blatt wurde darob gar poetisch-anspruchsvoll: „Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode.“
Hübsch ist jedenfalls, dass in der Online-Ausgabe des Stern nicht Osterkorn, sondern sein Kollege Andreas Petzold den flammenden Appell gezeichnet hat (passenderweise hat’s die Netzeitung zuerst gemerkt).
Bild-Chef Kai Diekmann bemühte gestern nicht mal Shakespeare, sondern gab sich auf dem unvermeidlichen Podium des Verbands deutscher Zeitschriftenverleger prosaisch-nüchtern: Er habe da sofort sofort an frühere Kampagnen denken müsse à la „Ich habe abgetrieben“. Und: „Das, was Thomas dort geschrieben hat, halte ich für dummes Zeug. Ich hätte das nicht gedruckt.“ Mehr davon! Dann sofort anwenden! Und zwar im eigenen Blatt.
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