: „Jeder Tag Schill ist einer zuviel“
Auf Einladung der taz: Nachdenken über Strategien gegen den Rechtsblock ■ Von Peter Ahrens
Schill regiert – und was jetzt? Resignieren, akzeptieren, protes-tieren? Für Gerald Eibegger wären die ersten beiden Möglichkeiten das Falscheste, was man tun kann: „Das Gefährliche an Schill ist, ihn nicht als gefährlich einzustufen.“ Eibegger ist für diesen Abend aus Wien gekommen, wo er als Mitglied der Demokratischen Offensive den Widerstand gegen die Regierungsbeteiligung von Jörg Haider organisiert hat. Gemeinsam mit HamburgerInnen überlegte er vor gut 150 ZuhörerInnen auf Einladung der taz, wie man sich dem Rechtsblock entgegen stellen kann.
Es ist die Bündnisfrage, um die sich an diesem Dienstagabend viel dreht. Sind SPD und GAL, frisch in der Opposition angekommen, schon wieder angemessene Partner, um gemeinsam gegen Rechts im Rathaus vorzugehen? Miriam Edding, Vertreterin der Hamburger Radikalen Linken auf dem Podium, will jedenfalls nicht so schnell vergessen, dass „die Ausgrenzung von Minderheiten auch von Rot-Grün bereits vorangetrieben wurde“. Wenn es um das Thema Rassismus in der Politik gehe, dann sei „die Trennschärfe zwischen den Parteien, zwischen Schill und Schily, schon gering“.
Für Ulrich Khuon, den Intendanten des Thalia-Theaters und einem der Unterzeichner der Künstler-I-nitiative gegen Schill im Wahlkampf, sind das Nebenkriegsschauplätze. Er sieht einen „kategorialen Unterschied zwischen Rot-Grün und CDU-Schill“, ein Unterschied, der so groß sei, dass das Bündnis gegen den Rechtsblock nicht breit genug sein könne: Kirchen, Gewerkschaften, Bürgerliche. „Auf der Linken zu sagen, nur wir sind im Besitz der Wahrheit, und alle anderen sind rechts, halte ich für heikel.“
Für ein breites Netzwerk, „möglichst rasch und vehement“, plädierte auch Eibegger nach seinen Erfahrungen in Österreich. Man dürfe der neuen Regierung niemals Ruhe gönnen und müsse auch die Leute bei CDU und FDP, die Bauchschmerzen mit dem neuen Kurs haben, versuchen anzusprechen. Diese beiden Parteien hätten Schill und seine Themen schließlich erst salonfähig gemacht.
Ein Netzwerk gegen Schwarz-Schill hätte auch die Unterstützung vieler MigrantInnen in der Stadt, das machte die afghanische Journalistin Saliha Kalliqie, die seit nunmehr 20 Jahren in Hamburg lebt, deutlich. Wenn die verschiedenen internationalen Communities in der Stadt angesprochen würden, seien sie auch bereit, ihrem Unmut über den Rechtsruck Ausdruck zu verleihen. Das Entsetzen über das Schillsche Wahlergebnis sitze bei vielen MigrantInnen immer noch sehr tief.
250.000 Menschen haben auf dem Wiener Heldenplatz gegen Haider protestiert. Solche Zahlen wird Hamburg nicht erreichen, aber ein Anfang wurde am Dienstag zumindest gemacht: Die Rechtsanwältin Waltraud Braker stellte sich spontan als Ansprechpartnerin für Leute zur Verfügung, für die die Hamburger Rechtsregierung keine Normalität darstellt und hatte am Ende des Abends bereits eine gut gefüllte Namensliste von InteressentInnen auf dem Tisch. Für Gerald Eibegger, den Beobachter aus Österreich, steht fest: „Schill ist vielleicht nicht Haider, aber jeder Tag Schill in der Regierung ist ein Tag zuviel.“
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