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Die Verräterin

■ GAL-Parteichefin Antje Radcke fordert Gewaltlosigkeit als Ziel, nicht als Mittel

Die Grünen müssten endlich „unsere Vision von einer Welt ohne Gewalt als Ziel – und nicht allein als Mittel – unserer Politik begreifen“, fordert Antje Radcke. In einem Positionspapier für den grünen Bundesparteitag am Wochenende in Rostock formuliert die zurückgetretene Parteichefin der Hamburger GAL deutliche Kritik an den Grünen, die „geduckt durch die Lande gehen. mit dem flehentlichen Blick ,Nicht böse sein' in den Augen“. Selbstironisch bezeichnet die Parteilinke ihr Papier als „Position einer Verräterin“.

Zwar sei eine „gesundes Miss-trauen gegenüber militärischen Aktionen“ wie in Afghanistan „immer angezeigt“, so Radcke. Doch sollten die Grünen endlich „begreifen, dass ein begrenzter Militäreinsatz kein Verrat an unseren Idealen ist“, wenn er bestimmten Bedingungen genüge.

Dazu seien im Falle Afghanistan eine starke Rolle der UN, eine weltweite Anti-Terror-Allianz, die Entmachtung von Al-Quaida und Taliban sowie Demokratisierung, Wiederaufbau und humanitäre Hilfe zu zählen. Für alle diese Punkte seien „Ansätze erkennbar, die in die richtige Richtung gehen“, schreibt Radcke.

Hinzu komme ein Essential weltpolitischer Vorstellungen der Grünen: Die Orientierung der US-Außenpolitik hin zu einer multilateralen Strategie befördere die grüne Vision von „einer Weltinnenpolitik“. Zugleich lobt Radcke die „Verdienste“ von Außenminister Joschka Fischer, der sie vor eineinhalb Jahren aus der Parteispitze der Bundesgrünen gemobbt hatte.

Mit dieser Positionierung stellt sich Radcke hinter einen Parteitags-Antrag des Chefdenkers Ralf Fücks. Der Vorsitzende der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung hatte bereits Ende August in einem taz-Interview seine Idee von einer Weltinnenpolitik als Ordnungsfaktor in der globalisierten Welt skizziert. Vor Konflikten dürften Grüne nicht die Augen verschließen, so Fücks damals, stattdessen müssten sie „den Tiger reiten“.

Sven-Michael Veit

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