: Mietzi, Katzi, Gartennazi
■ Georg Ringsgwandl gab im Schlachthof einen sarkastischen und liebevollen Einblick in die bayrische Befindlichkeit
Im Gartenmarkt ist Torfmullzeit und trotzdem Unzufriedenheit.Nach vielen Jahren in bayrischen Arztpraxen scheint der Mediziner und Musiker Georg Ringsgwandl das Stethoskop endgültig mit dem Rasenlüfter getauscht zu haben. Statt der Zipperlein der Bajuwaren widmet er sich jetzt der Pflege seines Gartens. Braver ist das enfant terrible dadurch nicht geworden – auch am Mittwochabend bekamen im Schlachthof alle ihr Fett ab.
Seine Frau, die für einen kleinen Trip ihre Reisetöpferscheibe mitnehmen will, Stuttgarter, die in Kassel Urlaub machen und Dänen, die in Erdlöchern wohnen, wurden ebenso zum Opfer der bitterbösen Kommentare Ringsgwandls wie die Bremer, die den Niedergang der Hanse nicht verkraftet hätten. Als Entschädigung durften sie einen Blick auf das Universum des Georg Ringsgwandl werfen, das von den seltsamsten Gestalten bevölkert wird. Der beste Estrichleger aus dem Zillertal, der wegen seiner Betonallergie zum Musiker umschulen musste, der Harley-Sepp und der Gartennazi, der alle in seinem Reich terrorisiert, dort wo die Straßen Vogelnamen haben. Seine Protagonisten befreit Ringsgwandl aus ihrer Normalität und legt die skurrilen, traurigen oder zärtlichen Züge des Alltags offen. Die Miniaturen über Loser und schräge Vögel sind seine Stärke und machen das Programm einzigartig. Doch wenn Ringsgwandl die Boulevard-Zeitungen ausschlachtet und über Verteidigungsminister, die vom Fahrrad purzeln, Prinzen, die mit Regenschirmen prügeln ,oder über das Jungfernhäutchen von Britney Spears herzieht, klingt das zu bekannt.
Auch die Gitarrenläufe hat man schon einmal gehört. Oft kommen sie den Dire Straits so bedrohlich nahe, dass man als Nächstes einen Song über die „Telegraph Road“ nach Ismaning erwartete. Die Häme über die Wehrkundetagung in Tutzing oder eine Spinnerei über die illegale Hühnerhaltung im Hinterland von Zagreb entschädigt allerdings reichlich für den biederen Rock. Der Anspruch Ringsgwandls an die musikalischen Künste seiner Band ist ohnehin nicht sonderlich hoch: „Es reicht, wenn man sich dafür nicht schämen muss.“ Und die Leit hot's meist gfoaln.
Peter Ringel
Georg Ringsgwandl spielt am Sonntag um 20 Uhr im Kleinen Haus in Delmenhorst
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