piwik no script img

Kimono in Knallgrün

Die Schneidermeisterin Rosemarie Dominik (53) will ihren Kunden immer ein modisches Vorbild sein

taz: Frau Dominik, sind die Berliner so schlecht angezogen, wie man immer sagt?

Rosemarie Dominik: Ich sage mal Jein. Es hat sich auf jeden Fall zum Besseren gewandelt. Das sehe ich an meinen Kunden: Die tragen nicht nur das Einerlei aus Grau in Grau.

Wie sehen Ihre Erfolge aus?

Es sind nicht mehr nur die einfachen Blazer und Tageskleider, die die Kunden bei mir bestellen. Sie sind von den Farben und Schnitten her ein bisschen gewagter.

Was sind das denn für gewagte Schnitte?

Ich hatte jetzt mehrere Kundinnen, die haben von mir Kimonos aus reiner bedruckter Seide bekommen. In Knallgrün. Oder aus Satin mit dunkel-und hellgrünen Blumen und Perlenstickerei. Das findet man ja nicht an jeder Ecke.

Die Gelegenheiten, einen Kimono zu tragen, sind ja auch nicht sonderlich häufig.

Die können Sie auch im Alltag tragen. Wenn Sie irgendwo eingeladen sind und sagen „ich will nicht in einem 0815-Kleid erscheinen“, dann ziehen Sie eben den Kimono an.

In Friedrichshain gibt es wenig Leute im Kimono. Sind die schlechter angezogen?

Also in Steglitz und in Zehlendorf sind die Berliner sehr gut angezogen, das muss ich schon sagen. Auch in Charlottenburg. Im Prenzlauer Berg ist das sicher ein anderes Publikum, was vielleicht ein bißchen hippiger ist.

Gut angezogen in Zehlendorf – was bedeutet das?

Das fängt beim Schuhwerk an: Es muss geputzt sein. Das Kostüm muss einen guten Schnitt haben und gebügelt sein. Die Handtasche sollte dazu passen. Keine billige aus Plastik, sondern etwas Schickes aus Leder – das ist vielleicht eine Mark teurer, aber das ist es eben dann.

Und was tun, wenn ich kein Geld habe?

Dann muss man eben erfindungsreich sein.

Haben die Politiker den Berliner Modestandard noch einmal gesenkt?

Na ja. Unsere Politiker können wir ja schlecht in karierte Sakko stecken.

Sie sind voller Hoffnung für das Berliner Modebewußtsein.

Ja, unbedingt. Man muß nach vorne schauen. Das Wichtige ist, dass man selber Vorbild ist.

INTERVIEW: FRIEDERIKE GRÄFF

Rosemarie Dominik (53) ist stellvertretende Obermeisterin der Herrenschneiderinnung. Vor 20 Jahren hat sie das Damen- und Herrenmaßatelier ihres Vaters übernommen.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen