: SPD zu Uni-Gebühr: Nichts ist unmöglich
Der SPD-Parteitag lehnte Studiengebühren strikt ab. Die SPD-Bildungsminister kontern: Das interessiert uns nicht
BERLIN taz ■ Die SPD definiert ihr Wähler- und ihr inhaltliches Spektrum seit geraumer Zeit als Neue Mitte. Politisch soziologisch kann man diesen Ort umfänglich beschreiben, genau lokalisieren lässt er sich nicht. Am Beispiel der Studiengebühren lässt sich nun zeigen, dass die Neue Mitte irgendwie alles sein kann. Wichtige Sozialdemokraten haben beim Thema Studiengebühren in den vergangenen Wochen alle Positionen, die denkbar sind, vertreten. Eine Dokumentation:
Gegen jede Form von Studiengebühren ist mit ansehnlicher Mehrheit der Parteitag der SPD. Das höchste Organ der Partei beschloss am Mittwoch: „Wir SozialdemokratInnen lehnen Studiengebühren ab.“ Im Leitantrag wird präzisiert, dass „wir das im Rahmen einer Gesetzesnovelle regeln“. Diese Meinung ist eindeutig, offen und untaktisch.
Grundsätzlich für Studiengebühren ist der Niedersächsische Wissenschaftsminister Thomas Oppermann. Er möchte am liebsten Gebühren ab dem ersten Semester erheben – sozial gestaffelt. Das lassen Kanzler Schröder und Niedersachsens Regierungschef Sigmar Gabriel aber nicht zu. Daher will Oppermann nun zunächst ein Modell verwirklichen, das den Studienkonten ähnelt. (siehe unten) Den Parteibeschluss kommentierte Oppermann gestern gegenüber der taz: „Wir sehen nicht den geringsten Handlungsbedarf.“
Auch für die beiden Subspezies von Studiengebühren gibt es SPD-Protagonisten:
Für Studienkonten sind NRW und Rheinland-Pfalz. Beide Länder wollen sie 2004 einführen. Studienkonten gewähren StudentInnen einen Freibetrag an Semesterwochenstunden, der umsonst abstudiert werden kann. Wer sein Studium vorher beendet, wird mit Bonuspunkten und Freistudien belohnt. Wer den Freibetrag aber ohne Examen verbraucht, muss Überziehungsgebühren entrichten. Für Langzeitgebühren spricht sich Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn aus. Frau Bulmahn sagte im Sommer zu Langzeitgebühren: „Damit habe ich keine Probleme.“ Ihre Position ist allerdings schwer nachvollziehbar – denn die Ministerin nimmt das Wort Langzeitgebühren nicht in den Mund. Sie spricht stets von Gebührenfreiheit und präzisiert dann, meist auf Nachfrage, dass damit nur das Erststudium gemeint sei. Zum SPD-Beschluss von Mittwoch sagte Bulmahns Sprecherin Bettina Bundszus gestern: Er richte sich nicht an Bildungsministerin Bulmahn. CIF
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