Mit Sean Connery im Piranha-Becken

Deutschlands Vorzeigewasserballer von den Wasserfreunden Spandau 04 qualifizieren sich in der Champions League trotz der Niederlage gegen Tielverteidiger JUG Dubrovnik für die Runde der letzten Acht. Das Spiel zeigt: An die internationale Spitze ist kaum heranzukommen

Früher, als Sean Connery noch Haare hatte und es zur Rettung der westlichen Welt keiner Parteitage der Grünen bedurfte, sondern eben nur eines charmanten britischen Agenten mit der Lizenz zum Töten, da gab es solche Szenen häufiger: Eigentlich war das Piranha-Becken ja als besonders perfides Instrument gedacht, um 007 endlich um die Ecke zu bringen, doch dann erwischte es doch stets einen der Schurken. Es zischte und brodelte in der trüben Brühe, ein letztes Gurgeln kündete vom gerechten Schicksal des Bösen, Schnitt.

In der Schöneberger Sport- und Lehrschwimmhalle zischte und brodelte es am Wochenende auch das eine oder andere Mal mehr als bedrohlich. Auch hier wollte man bisweilen lieber nicht wissen, was sich unter der Oberfläche abspielte, wenn der Ball frei war und sich mehrere der schwimmenden Muskelberge wahlweise auf ihn oder sich selber stürzten. Zwar enden Begegnungen im Schwimmbecken heutzutage nicht mehr – wie noch zur Gründerzeit – damit, dass ein Spieler bewusstlos auf dem Wasser treibt, aber als erholsamer Ausgleichssport zum tristen Büroalltag ist Wasserball immer noch nicht besonders geeignet.

Ganz normal berufstätig sind sie aber trotzdem allesamt, die Spieler der Wasserfreunde Spandau 04, die sich am Wochenende zuhause beim Zwischenrundenturnier gegen JUG Dubrovnik, Galatasaray Istanbul und NCHN Novaky für die Champions League qualifiziert haben. „Das Soll ist damit erfüllt“, sagt Hagen Stamm, der Wasserball in Deutschland wie kein Zweiter repräsentiert – derzeit in den Funktionen als einstiger Vorzeigespieler, Bundestrainer und Präsident von Spandau 04. Die eigentliche Pflicht kommt aber erst noch, denn die Bundesligasaison hat noch gar nicht begonnen.

Offiziell hört man es zwar nur zwischen den Zeilen heraus, aber dass der Deutsche Meistertitel (es wäre der 23.) nebst dem Pokalsieg (der 20.) am Sachsendamm gefeiert werden soll, davon wird allenthalben ausgegangen. Die Kür wäre dann, in der Champions League nicht ganz so schnell wie im Vorjahr auszuscheiden. Denn: Das Leistungsgefälle ist auch international beträchtlich. Gegen den slowakischen Meister Novaky (13:7) am Freitag und Galatasaray Istanbul (10:4) am Samstag, hatten die Spandauer wenig Mühe und waren damit vorzeitig für die letzten Acht im Europapokalwettbewerb der Landesmeister, den sie in den 80er-Jahren selbst viermal gewonnen hatten, qualifiziert.

Genauso chancenlos war das Team von Trainer Peter Röhle dann am Sonntagmorgen aber gegen Jug Drubnovik, den amtierenden Champions-League-Titelträger aus Kroatien. Spandau ging zwar rasch mit 1:0 in Führung, mussten ab dem zweiten Spielviertel aber die Überlegenheit Dubrovniks anerkennen. Die Wasserfreunde wirkten im Angriff unentschlossen und hatten gegen die wohl beste europäische Mannschaft keine Antworten parat. Herausragender Spieler des heimischen Teams war der 20-jährige Marko Savic mit zwei Treffern. Die beiden anderen Tore warfen Thomas Schertwitis und Andreas Schlotterbeck. 4:10 endete die Lehrstunde, und als solche ordnete Hagen Stamm die Begegnung denn auch ein: „Wir sind eine junge und hoffnungsvolle deutsche Mannschaft, die hier gegen die Besten Europas angetreten ist.“ Soll heißen: Man muss nicht gewinnen, kann aber Erfahrung sammeln.

Das gilt auch für die Runde der letzten Acht. Dass man heutzutage schon wieder an die Erfolge aus dem Jahrzehnt von Karottenjeans und Modern Talking anknüpfen kann, glaubt und erwartet allerdings niemand. „Sechs weitere Spiele im europäischen Vergleich, das ist genau das, was unsere Mannschaft braucht, um dazuzulernen“, so Trainer Peter Röhle. Zum Beispiel, dass man ohne Ball nicht im Zwei-Meter-Raum vor dem gegnerischen Tor herumschwimmen darf, wie Nachwuchsmann Fabian Schroedter im Spiel gegen Dubrovnik. 3:7 stand es da, Spandau 04 war dank der 20-Sekunden-Strafe eines Kroaten in Überzahl und hatte in dieser Phase des zweiten Viertels seine stärksten Minuten. Für Hagen Stamm „der Knackpunkt des Spiels“. Anschließend konnte Dubrovnik den Vorsprung locker ausbauen.

Die Auslosung zur nächsten Runde findet am kommenden Samstag in Budapest statt. Stamm hofft auf eine leichte Vierergruppe: „Damit wir dort nicht letzter werden.“ Manager Volker Strobl dagegen denkt eher an kurze Anfahrtswege. Die Champions League ist für Spandau 04 finanziell ein Minusgeschäft. Gestern wäre er schon froh gewesen, wenn die Zuschauereinnahmen um die 1.500 DM in die Vereinskassen gespült hätten. Damit kommt man natürlich nicht weit, aber immerhin unter die besten acht Vereine Europas.

Das ist bezeichnend für eine Sportart, die zwar als erste aller Mannschaftssportarten im Jahre 1900 olympisch wurde, von breitem Zuschauerinteresse aber auch zu Zeiten, in denen Spandau international dominant war, nie berührt wurde. Vielleicht wäre es dazu doch nötig, zu sehen, was sich unter Wasser abspielt. Auch wenn dann schon das Zuschauen weh tun könnte.

HOLGER STRÖBEL