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Äthiopien greift in Somalia ein

1.000 äthiopische Soldaten unterstützen Abdullahi Yussuf, den ehemaligen Präsidenten der abgespaltenen „Republik Puntland“ im Nordosten Somalias, bei seiner Rückeroberung der Macht. Yussuf sieht sich als Vorkämpfer gegen Islamisten

von DOMINIC JOHNSON

In Somalia sind die ersten Schüsse in der befürchteten Ausweitung des internationales „Krieges gegen den Terror“ auf das Horn von Afrika gefallen. Äthiopische Truppen überschritten Ende letzter Woche die Grenze zu der autonomen somalischen Region Puntland und halfen offenbar einem ehemaligen Präsidenten dieser Region, Abdullahi Yussuf Ahmed, zurück an die Macht. Yussuf sieht sich als Vorkämpfer gegen Somalias Islamisten, die nach Überzeugung der USA mit Ussama Bin Ladens Organisation al-Qaida zusammenarbeiten. Bereits Anfang November hatten US-Medien berichtet, eine Ausweitung des Krieges gegen Bin Laden auf Somalia könne die Form einer von den USA unterstützten äthiopischen Militärintervention annehmen; Äthiopien ist der engste Verbündete der USA in der Region.

Abdullahi Yussuf Ahmed gründete 1998 die autonome Republik Puntland im Nordosten Somalias – nach der Abspaltung Somalilands 1991 die zweite Sezession eines Landesteils von Somalia, das seit 1991 keine Zentralregierung mehr hat. Am 30. Juni dieses Jahres lief Yussufs Amtszeit als Präsident von Puntland aus. Als er sie einseitig verlängerte, stellten sich die Ältesten von Puntland quer und ernannten nach dreimonatigen Beratungen einen anderen Präsidenten: Jama Ali Jama, der am 19. November in Puntlands Hauptstadt Garowe feierlich in sein Amt eingeführt wurde.

Der abgesetzte Yussuf, der sich in die Stadt Galcaio im Süden Puntlands zurückgezogen hatte, schritt sofort zur Offensive und eroberte am 21. November Garowe mit 300 Milizionären zurück. Die Kämpfe forderten bis zu 50 Tote und trieben Tausende von Zivilisten in die Flucht. Zwei Tage später rückten nach unabhängigen Angaben 1.000 äthiopische Soldaten in die Region um Garowe ein. Am Wochenende wurde berichtet, sie seien auf dem Rückweg Richtung Äthiopien. Es wird vermutet, dass sie Yussufs Truppen mit schweren Waffen ausrüsteten.

Die äthiopische Regierung dementierte die Truppenentsendung, die jedoch von Augenzeugen bestätigt und auf ein Hilfsersuchen Yussufs zurückgeführt wurde. Bereits 1996-97 hatte Äthiopien in Somalia eingegriffen, um die Islamistengruppe al-Ittihad zu zerschlagen. 1998 unterstützte Äthiopien die Sezession Puntlands.Heute lehnt Äthiopien zusammen mit Yussuf, der Regierung von Somaliland und zahlreichen südsomalischen Warlords auch die neue gesamtsomalische Übergangsregierung ab, die im Sommer 2000 in Somalias Hauptstadt Mogadischu die Macht übrnahm. Sie wird von Islamisten unterstützt und gilt daher als möglicher Bündnispartner Bin Ladens; außerdem unterstützte sie Yussufs Sturz in Puntland im Sommer. Vor wenigen Wochen wurde sie faktisch unter Embargo gestellt, als die US-Regierung das größte somalische Geldinstitut al-Barakat auf die Liste der Finanziers des internationalen Terrorismus stellte. Al-Barakat, das den Großteil der Geldüberweisungen der somalischen Diaspora in die Heimat abwickelt, musste sämtliche somalischen Filialen schließen.

Yussuf Ahmeds Putsch in Puntland ist nun die militärische Erweiterung dieses Feldzugs. Anfang letzter Woche hatte Yussuf dem italienischen Fernsehen erklärt, bei der Hafenstadt Bosasso im Norden Puntlands gäbe es Trainingslager für Terroristen. Er äußerte auch die Befürchtung, Ussama Bin Laden könnte sich nach Bosasso absetzen. Die Hafenstadt ist zufällig auch die Hochburg von Yussufs geschlagenem Rivalen Jama Ali Jama. Ihre Überwachung gilt als eine der Aufgaben eines eventuellen Einsatzes der deutschen Bundesmarine in der Region.

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