: Andreas Nachama?
Die Macht des Wortes
Als er noch Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde war, beklagte Andreas Nachama gern, dass er von vielen nur noch in seiner Funktion wahrgenommen werde: nicht mehr als der Bürger und Berliner Nachama. Nun ist Nachama, der heute 50 Jahre alt wird, schon etwa ein halbes Jahr nicht mehr Gemeindechef. Seit dem 1. September arbeitet er wieder als Geschäftsführer der „Topographie des Terrors“ – ein Posten, von dem er nur beurlaubt war. In dieser neuen, alten Position ist er nicht mehr so häufig öffentlich präsent – doch vernehmbar gleichwohl: als engagierter Bürger, Citoyen, der seine Stimme für die Res publica erhebt.
Apropos Stimme: Obwohl Sohn des stimmgewaltigen Oberkantors der Gemeinde, Estrongo Nachama, pflegt Andreas eher das leise Wort – im wörtlichen wie bildlichen Sinne. Mehr noch. Nachama lebt nach guter jüdischer Tradition im Wort: Der Historiker und Kulturmanager erarbeitete sich in seiner raren Freizeit das Rabbinerdiplom. Als Geistlicher amtiert Nachama nun, manchmal begleitet von einem seiner zwei Söhne, in der früheren Synagoge der US-Streitkräfte in Zehlendorf – ein Ort, der ihm so etwas wie Heimat ist. Wie kein Zweiter in der Stadt symbolisiert Nachama hier das Wiederaufblühen des Judentums in Berlin: Aus der versprengten Schar der Schoah-Überlebenden wurde – trotz allen internen Streits – die bunte und wachsende jüdische Gemeinschaft des 21. Jahrhunderts. Gut für sie, dass sie eine Stimme wie die Nachamas hat. Und glücklich die Stadt, die solche Bürger hat. GES
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