: Jugendhilfe im Graben
■ Jurist erklärt die Aufteilung des Amtes für Jugend für rechtswidrig
Die geplante Teilung des Amtes für Jugend würde einer Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht standhalten.
Darauf weist der Hamburger Jugendhilferechtler Christian Bernzen hin. Anders als bei fast allen übrigen Bereichen der Verwaltung seien bei der Jugendhilfe „bundesrechtliche Vorgaben“ zu beachten. Bernzen: „Hamburg muss ein übergeordnetes Jugendamt bilden mit allen Aufgaben, die ein solches Amt hat. Alles andere wäre rechtswidrig“. Wie berichtet, hatten sich Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) und Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) darauf geeinigt, den Kita-Bereich von der übrigen Jugendhilfe abzutrennen. Die CDU-Frau behält den Hilfebereich, der FDP-Mann die Aufsicht über die 60.000 Kindergartenplätze. Eine solche Abspaltung, so der Jurist, sei bundesweit unüblich und nur Bayern erlaubt, weil es dies vor In-Kraft-Treten des gültigen Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) verfügte.
Allen übrigen Ländern schreibt § 2 des Gesetzes die Einheit der Jugendhilfe einschließlich der Kitas ausdrücklich vor. Der Landesjugendhilfeausschuss, der über die Einhaltung des KJHG zu wachen hat, wäre zu einer Klage gegen die Teilung vor dem Verwaltungsgericht berechtigt. Eine solche Klage ist nicht unwahrscheinlich, denn der Ausschuss, der für die kommende Legislatur neu gewählt werden muss, besteht nur zu drei Fünfteln aus Parteienvertretern und zu zwei Fünfteln aus Vertretern der Jugendhilfe wie der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtspflege (AGFW), die ebenfalls gegen die Spaltung ist.
Doch zunächst wird der Streit heute die Bürgerschaft beschäftigen. In der Hoffnung auf „Einsicht der CDU“, die sich zu Oppositionszeiten selbst für die Einheit der Jugendhilfe stark gemacht hatte, will der SPD-Politiker Thomas Böwer die Rücknahme der Teilung beantragen. „Es scheint für die Spaltung keinen fachlichen Grund zu geben“, moniert der neue jugendpolitische Sprecher der SPD. „Lediglich, dass Senator Lange bei der Ressortverteilung zu kurz kam“. Der neuen Familiensenatorin fehle mit den Kitas ein „wichtiger präventiver Bereich“. Sie sei „wie eine Königin ohne Land“, die hier nichts ohne ihre Senatskollegen umsetzen kann. Für Böwer findet „das Amt für Jugend de facto nicht mehr statt“. kaj
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