Rundumleuchten

Kaiser Kunde

Was macht man, wenn der Kohlenhändler wirklich wie angekündigt um halb acht in der Früh klingelt? Den ungewohnt frühen Tagesbeginn stolz erhobenen Hauptes nutzen und Brötchen fürs Frühstück holen. Und siehe da: Morgens um acht ist die Welt im Kaisers-Markt um die Ecke noch in Ordnung. Keine Spur von Hektik. Der Supermarkt ist fest in der Hand von Rentnern. Beim Bäcker hat sich eine Schlange gebildet, doch keiner drängelt. Man hat Zeit. Auch für ein Schwätzchen mit der Verkäuferin, die ihre Kunden zu kennen scheint. „Na, heute keine Croissants?“, fragt sie einen Herren, der heute keine will, „montags doch nie, aber morgen wieder zwei Stück!“ „Haben sie Zwiebelbaguettes?“, will eine Dame wissen. „Nein, die gehen gar nicht, deshalb haben wir sie aus dem Sortiment genommen“, erwidert die Fachverkäuferin. „Aber wenn die Kunden danach fragen, bestellen wir eben wieder welche.“ So schnell werden Kundenträume wahr. Und Kinderträume: Vor der Tür des Supermarktes hält eines dieser kleinen Fahrzeuge, die die Gehsteige mit ihren rotierenden Bürsten reinigen. Zwei orangefarbene Männer bestellen Kaffee und belegte Brötchen und frühstücken an einem Stehtisch. Wenig später kommt eine Mutter mit Kind herein. Der vielleicht Fünfjährige verrenkt sich den Hals, weil er den Straßenfeger fixiert. „Willst du dich mal da reinsetzen?“, fragt ein BSR-Mann den Knirps, der erst überhaupt nicht will, sich mit dem Beistand seiner Mutter dann aber doch traut. Er darf am Lenkrad drehen, die Bürsten rotieren und die gelbe Rundumleuchte leuchten lassen. Über beide Ohren strahlend kommen kleiner und großer Mann in den Supermarkt zurück. Und in der Schlange vorm Bäckerstand lächeln alle.

ANDREAS HERGETH