: Ver.di zeigt Zähne
Gewerkschaften protestieren gegen Sparpläne der Ampelkoalition. Großdemo am kommenden Mittwoch
Ampelmänner und -frauen stoßen bei den Gewerkschaften erwartungsgemäß auf wenig Begeisterung – ein Aktionstag soll jetzt die mögliche Koalition aus SPD, FDP und Grünen unter Druck setzen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di ruft deshalb für kommenden Mittwoch zu einer Großdemo gegen den „Sparhammer des Senats“ auf. Mehrere tausend Teilnehmer werden ab 19 Uhr auf dem Gendarmenmarkt in Mitte erwartet.
„Viele Berliner und Berlinerinnen ahnen noch gar nicht, was auf sie zukommt“, prophezeite gestern Ver.di-Sprecher Andreas Splanemann. Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst spürten alle Berliner. „Kitabeiträge werden erhöht, Schwimmbecken bleiben trocken, auf dem Amt verlängern sich die Wartezeiten weiter.“ All das beeinträchtige die Qualität des Wirtschaftsstandorts Berlin, ansiedlungswillige Unternehmen könnten wegbleiben. „Wir können uns das nicht leisten, wir werden die Zähne zeigen.“ Der Gewerkschaftssprecher erinnerte an den großen Kita-Streik zu Beginn der 90er-Jahre, als sich die Erzieher drei Monate lang gegen die Vergrößerung der Kitagruppen wehrten. Splanemann: „Was die Ampel will, geht weit darüber hinaus.“
Ver.di-Landeschefin Susanne Stumpenhusen nannte die Ampelpläne eine „Kampfansage“. Eine zweite Milliarde Mark wollen die Regierungspartner in spe zusätzlich in den Amststuben sparen. Die Beschäftigten sollen dafür auf das 13. Monatsgehalt und Tarifsteigerungen verzichten. Einen so genannten Solidarpakt will die künftige Koalition deshalb mit den Gewerkschaften aushandeln. Stumpenhusen ist sauer: „Die Ampelkoalitionäre haben sich in den Finger geschnitten.“ Beschäftigte, die ohnehin mit nicht üppigen Gehältern auskommen müssten, würden kaum darauf verzichten.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kündigte ebenfalls Protest an: gegen die geplanten Kürzungen im Hochschulbereich und die Einführung von Studiengebühren.
Verärgert sind auch die Polizisten. „Erpressung ist das“, echauffierte sich Eberhard Schönberg, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. Personaleinsparungen seien bei Polizei, Feuerwehr und Landeseinwohneramt nicht mehr möglich. Schönberg wandte sich zudem gegen die Auflösung des Polizeiorchesters. „Das ist für die unbedingt notwendige Öffentlichkeitsarbeit der Haupstadtpolizei nicht zu ersetzen.“
Damit weiß sich der Polizeigewerkschaftler mit dem stadtbekannten Politaktivisten Christian Specht einig. Specht beginnt bereits, Spenden zugunsten der bedrohten Kapelle zu sammeln.
RICHARD ROTHER
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