USA landen Schönwettertreffer

Die USA haben wieder erfolgreich die Raketenabwehr getestet - unter Idealbedingungen

WASHINGTON taz ■ Das Pentagon ist zufrieden. „Hit to kill“ hat diesmal funktioniert. In der Nacht zum Dienstag wurde eine auf die USA gerichtete Interkontinentalwaffe von einer Abwehrrakete abgeschossen. Die Mission sei erfolgreich verlaufen, sagte eine Sprecherin des Pentagon in der US-amerikanischen Hauptstadt. Es war der fünfte Test im Rahmen des umstrittenen Raketenabwehrprogramms (NMD) seit 1998.

Die Interkontinentalrakete mit der Sprengkopf-Attrappe war vom US-Stützpunkt Vandenberg nordwestlich von Los Angeles in Kalifornien aus gestartet worden. Rund 20 Minuten später wurde auf den 7.200 Kilometer entfernten Marshall-Inseln im Pazifik eine Abwehrrakete mit einem so genannten „Kill Vehikel“ an der Spitze auf dem Weg geschickt. Das „Kill Vehikel“ traf die Sprengstoffattrappe in rund 230 Kilometer Höhe. Die Attrappe wurde durch den Aufprall zerstört. Der letzte Test nach ähnlichem Muster war im Juli ebenfalls erfolgreich verlaufen. Zwei waren zuvor fehlgeschlagen.

Der Test sollte ursprünglich bereits am Wochenende stattfinden, doch schlechtes Wetter hatte dem Pentagon einen Strich durch die Rechnung gemacht. Vor einem dichten Wolkenteppich und starken Winden kapitulierte das High-Tech-System. Selbst für Wetterleuchten ist der Raketenschild offenbar nicht ausgelegt. Über die gesamte geplante Flugstrecke müsse freie Sicht herrschen, so will es eine Sicherheitsvorschrift aus dem Verteidigungsministerium. Stürmisches Wetter könne zudem die Ballistik der Abwehrrakete beeinträchtigen. Sollten irgendwelche „Schurkenstaaten“ tatsächlich beabsichtigen, die USA anzugreifen, müssten sie vorher nur einen Blick auf die Wetterkarte werfen.

Ein erneuter Fehlschlag hätte Kritikern wieder Aufwind gegeben. Wissenschaftler, demokratische Kongressabgeordnete und Abrüstungsbefürworter monieren seit langem, dass der geplante Raketenschild unnötig, technisch nicht machbar und schlichtweg zu teuer sei. Erst vergangenen Freitag hatte der Verband kritischer Wissenschaftler dem Pentagon vorgeworfen, das Testprogramm bislang sowieso nie unter Realbedingungen durchgeführt zu haben. Dann könne man es auch sein lassen. Die Terroranschläge vom 11. September hätten zudem deutlich gemacht, dass die eigentliche Bedrohung nicht von weitreichenden, modernen Raketensystemen ausgehe.

Mit Rücksicht auf die laufenden Verhandlungen mit Russland wurde der jüngste Test so gestaltet, dass er nicht gegen den ABM-Vertrag von 1972 über die Begrenzung von Raketenabwehrsystemen verstieß. So wurde entgegen ursprünglichen Planungen darauf verzichtet, ein Schiffsradar zur Zielerfassung einzusetzen. Im Rahmen des umfangreichen Testprogramms zu NMD sind landgestützte Abfangsysteme für die Bush-Regierung nur ein Baustein. Später sollen auch seegestützte Raketen, Laserwaffen aus Flugzeugen und Satelliten zum Einsatz kommen. MICHAEL STRECK