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Verbot rückt näher

In NRW wird das Verbotsverfahren gegen die Vereinigung von Kaplan vorbereitet

KÖLN taz ■ Die Vorbereitungen für ein Verbotsverfahren gegen den in Köln ansässigen „Kalifatstaat“ des Radikal-Islamisten Metin Kaplan sind in vollem Gange.

Das bestätigte ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums gegenüber der taz. Nachdem die Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz am vergangenen Freitag den Bundesrat passiert hat, sei nun die letzte entscheidende Hürde für das Prüfverfahren genommen. Nun hänge es nur noch von der Veröffentlichung der Streichung im Bundesgesetzblatt ab, mit der die Gesetzesänderung in Kraft tritt, wann das formale Verfahren beginnen kann. Damit wird noch in diesem Jahr gerechnet. Das Landesinnenministerium arbeite dabei eng mit dem für ein mögliches Verbot zuständigen Bundesinnenministerium zusammen. Der Ministeriumssprecher dementierte allerdings einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, nach dem das Verbot bereits beschlossene Sache sei. „Ein Verbot kann erst am Ende der Prüfung stehen“, betonte der Sprecher. Die Tatsachengrundlage müsse so sicher sein, dass sie auch vor Gericht bestehen könne.

Der „Kalifatstaat“ hat bereits angekündigt, alle rechtlichen Mittel ausschöpfen zu wollen, falls es zu einem Verbot kommen sollte. Schon bei der Vorstellung seiner Pläne zur Streichung des Religionsprivilegs aus dem Vereinsgesetz am 5. September hatte Bundesinnenminister Otto Schily keinen Zweifel gelassen, dass diese Gesetzesänderung insbesondere auf den Kölner „Kalifatstaat“ abzielt. Die Streichung sei notwendig, da es unerträglich sei, dass bisher gegen dessen Aktivitäten nur mit Mitteln der Strafverfolgung oder mit individuellen ausländerrechtlichen Betätigungsverboten vorgegangen werden könne, jedoch nicht mit einem Organisationsverbot, so Schily. Der „Kalifatsstaat“ (Hilafet Devleti) ist eine radikal-islamistische Vereinigung türkischer Sunniten. Ziel des Verbandes ist der Sturz der Regierung in Ankara und der Aufbau eines islamischen Gottesstaates in der Türkei. Er wurde 1983 unter dem Namen „Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V.“ (ICCB) von Metin Kaplans Vater Cemaleddin, dem 1995 verstorbenen „Chomeini von Köln“, als radikale Abspaltung von Milli Görüs gegründet und strebt einen islamischen Gottesstaat nach iranischem Vorbild an. Seit seiner Gründung unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, erregte der Verein erstmals 1988 öffentliches Aufsehen, als die Stadt Köln eine von Kaplan gegründete „Medrese“, ein „religiöses Internat“, gegen den erbitterten Widerstand der Bewohner zwangsräumen ließ. Bereits im Jahr zuvor hatte die Stadt Cemaleddin Kaplan mit einem politischen Betätigungsverbot belegt.

Gegen seinen Sohn verhängte der Kölner Oberstadtdirektor eine entsprechende Ordnungsverfügung im August 1996. Metin Kaplan sitzt wegen der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten seit 1999 in Haft. Ihm droht die Ausweisung in die Türkei. PASCAL BEUCKER

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