: Scheitern der Stars
New-Economy-Gott Paulus Neef hat bald keine Leute mehr: von 950 sollen 500 gehen. Bei Pixelpark weisen alle Kurven nach unten. Letzte Ansage
von HANNES KOCH
Nach dem Absturz der einstigen New-Economy-Stars Brokat und Consors droht es nun auch für den Berliner Multimedia-Dienstleister Pixelpark eng zu werden. Chef Paulus Neef will Presseberichten zufolge rund 500 der 950 Beschäftigten entlassen. Der Umsatz sinkt, das Vermögen schwindet dahin, und trotz aller bisherigen Stellenkürzungen kommt der Betrieb nicht aus der Verlustzone.
Pixelpark-Sprecherin Sabine Klisch mochte die Entlassungszahlen, die die Süddeutsche Zeitung veröffentlicht hatte, gestern nicht bestätigen. Aus dem Unternehmen hieß es aber, die Größenordnung sei nicht unwahrscheinlich. Die Maßnahme wäre auch folgerichtig. Ende November hatte Pixelpark kund getan, dass man im dritten Quartal 2001 bei gesunkenem Umsatz von nur noch 17 Millionen Euro einen gestiegenen Verlust von 14 Millionen Euro erwirtschaftet hatte. Neef kündigte weitere Kostensenkungen an. Die verlangen nicht nur die Banken, sondern vor allem Hauptaktionär Bertelsmann. Der Gütersloher Medienkonzern hält rund 60 Prozent der Pixelpark-Aktien und will nicht weiter Geld in das schwarze Loch im Berliner Bezirk Friedrichshain werfen.
Gerade die einst besonders hochgejubelten Unternehmen der so genannten New Economy stürzen jetzt ab. Die Internetbank Consors leidet unter gigantischen Verlusten, ihr droht die Eingliederung in eine der deutschen Großbanken. Der Software-Anbieter Brokat hat gerade Insolvenz angemeldet. Und dass Pixelpark die Krise überlebt, halten manche Analysten nicht mehr für sicher. Wegen Geldmangels sei „die Existenz der Firma gefährdet“, sagte Klaus Linde von SES Research.
Da der Wert der Pixelpark-Aktie im Vergleich zum Ausgabekurs um zeitweise 1.200 Prozent gestiegen war und die Internet-Branche einige Jahre boomte, gaben Neef & Co. ihr Geld mit vollen Händen aus. Gewinn machte man nie, doch ab Mitte 2000 brach der Umsatz mit Software-Produkten ein. Noch immer versuchen die Manager, ihre Erwartungen der Realität anzupassen. Die ist nicht erfreulich: In Deutschland hat die Rezession Einzug gehalten, und die Nachfrage nach Multimedia-Diensten nimmt weiter ab.
Die grandiose Überschätzung des Marktes durch den Vorstand von Pixelpark will Bertelsmann nicht mehr länger ertragen. Wenn es so weiter geht wie bisher, steht die nächste Finanzspritze aus Güterloh an. Deshalb hat der Medienmulti seiner kleinen Tochter kürzlich einen harten Sanierer geschickt: Jürgen Richter von der Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer wird ab Januar den Vorsitz des Aufsichtsrates in Berlin übernehmen.
Richter soll noch einmal probieren, Pixelpark in die schwarzen Zahlen zu bringen. Ob das nächstes Jahr gelingt, steht in den Sternen. Paulus Neef strebt es zumindest an. Sinken mit der miesen Wirtschaftslage Umsatz und Erlös allerdings weiter, könnte bald alles zu spät sein – wenn dem Betrieb die liquiden Mittel ausgehen. Von Juni bis September haben sie um mehr als ein Drittel auf nur noch 18 Millionen Euro abgenommen.
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