: Mit Technik mehr Licht
■ Heliostaten lassen die Lloyd-Passage leuchten. Statt einer Stunde Sonnenschein, schicken die Spiegel den ganzen Tag Sonnenflecken in die Schlucht
Richtig gemütlich war sie nie – die Lloyd-Passage. Eine Häuserschlucht mit Dach über dem Kopf, aber hohen Kaufhaus-Mauern links und rechts. Mit Fischgerüchen manchmal, die schlecht abziehen. Und in der Regel sehr viel Schatten, durch den eilige Menschen eiligst hindurch drängeln. Gewöhnlich nur mittags und auch dann nur für eine Stunde, wenn die Sonne quasi senkrecht über der Passage steht, fluten helle Strahlen in die Unterwelt der Läden. Kurz nach Mittag ist das Licht in der Regel aber schon vergangen.
Womöglich würde die Lloyd-Passage ohne General-Renovierung heute noch so aussehen. Seit vorletztem Sommer aber erhellt High-Tech auf dem Kaufhaus-Dach die trübe Häuserschlucht viele Meter tiefer. Heliostaten heißen die Apparate – eigentümlich große Spiegel – , die statt einer Stunde die Sonne unten für einen ganzen Tag l aufgehen lassen. Wenigstens fleckenweise.
Eine Hand voll Quadraten sind inzwischen rund um das Kaufhofdach installiert – Umlenkspiegel, die ihr Licht von noch größeren Quadraten kriegen. Und die die Sonne prompt nach unten schicken. 20 Meter tiefer tanzen auf einmal helle Flecken auf den vorbeilaufenden Gesichtern. Zaubern hie und da ein Lächeln in die Menge. Sonne! Wie ein schneller Lichtblick in der Schattenwelt. Aber nur zwei Schritte und schon wird's wieder dunkel. Ende der Sonnenumleitung. Bis zum nächsten Fleck, wieder ein paar Quadratmeter groß, sind noch zehn Meter hin.
Einen „dreistelligen Betrag“ in Tausendern hat die Installation der Heliostaten gekostet. Umstritten war die teure Entscheidung bei den acht Lloyd-Gesellschaftern nicht. „Sonnenwärme gibt schließlich so ein wohliges Gefühl“, meint Kaufhof-Geschäftsführer Peter Schneider und Sprecher der Passage-Läden. Ein Glück im Bauch, das letztlich auch das Kaufverhalten positiv beeinflussen. Wer weiß das schon.
Vor zwei Jahren stand die Renovierung der damals zehn Jahre alten Passage an. Klar war, dass „wir auch das Licht renovieren mussten“, meint Schneider. Denn bis dato hatte man als Lampen große Ballone in die Halle gehängt. Hitverdächtig war das nicht.
Eine Ausschreibung lieferte damals in erster Linie Mittelmaß: „Die meisten wollten ausschließlich Scheinwerfer an die Decke schrauben.“ Scheinwerfer, die angeworfen werden, wenn der Helligkeits-Regler zu wenig Lux meldet. Alles eben ganz wie immer, nur ohne Ballone. Innovativ war auch das nicht.
Nur einer der Planer hatte mit der Lloyd-Passage anderes vor, erzählt Schneider. Dieter Batenbach, ein „Lichtkünstler“ aus Innsbruck, propagierte mit seinem Labor natürliches Licht gegen die marktübliche Lampen-Langeweile. Er lieferte erst die Idee mit den Helio-staten. Und dann die ersten Sonnen-Spiegel nach Bremen. Das sind immer noch die ersten Spiegel überhaupt, die eine Laden-Passage hie und da zum Strahlen bringen.
„Sie merken richtig, wie die Sonnenstrahlen runter fallen und Sie sich drin baden können“, schwärmt Schneider von seinem Tageslicht in der Schlucht. Je nach Intensität der Sonne funkt es da mal stärker, mal schwächer. Aber auf den Quadratmeter genau. „Wenn man das weiter streut, wird es nur diffuser“. Und bliebe damit unbemerkt. Kein wohliges Gefühl. Womöglich kein Kaufrausch. Womöglich Passagen-Meider.
Ohne Helios am Himmel allerdings bleibt es auch in der Lloyd-Schlucht trüb. Zaubern können die Spiegel schließlich nicht. Trotzdem wissen sie genau, wo die Sonne jeweils hinter der Wolkendecke versteckt ist. Lugen ein paar Strahlen daraus hervor, sind keine 30 Sekunden später die Spiegel aktiv. Und funkeln. Ansonsten gehen wieder die Strahler an. Wie überall
Dorothee Krumpipe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen