: ideologische machtkämpfe
Überleben des Tauglichsten
Mit seinem Werk „Von der Entstehung der Arten“ schleifte Charles Darwin 1859 die letzte Bastion biblischer Welterklärung. Letzte Rückzugsgefechte toben noch: In den USA kämpfen die Kreationisten mit der Bibel in der Hand für ihre Behauptung, das Universum sei nicht älter als 6.000 Jahre und Gott habe jede einzelne Art in Handarbeit gefertigt. In einigen Bundesstaaten verbannten Kreationisten die Evolutionslehre bereits erfolgreich aus Unterrichtsplänen.
Bis heute wird Darwins Anliegen als ein ethisches missverstanden. Schon zu Darwins Lebzeiten forderten einige für die Gesellschaft das, was Darwin als Mechanismus in der Natur entdeckt hatte. Der englische Philosoph Herbert Spencer formulierte das Schlagwort vom „Überleben des Tauglichsten“. Er kritisierte jegliche Sozialprogramme, weil sie seiner Meinung nach den Schwachen bei der Fortpflanzung halfen und spätere Generationen so „mit einer Horde von Feinden“ versorgten. Die Nationalsozialisten transformierten den „Kampf jeder gegen jeden“ zum „Rassenkampf“ – mit den bekannten Folgen.
Manchmal scheint es, als ginge es auch bei seriösen Wissenschaftlern ums Überleben des Tauglichsten. „Darwinianische Fundamentalisten“ schimpft der Paläontologe Stephen Jay Gould aus Stanford seine Opponenten, die – wie der britische Biologe John Maynard Smith – Goulds Ideen als „konfus“ abqualifizieren. Die Kontroverse reicht bis in die frühen Siebziger zurück, als die so genannte Soziobiologie heftige Kontroversen entfachte. Wissenschaftler wie E. O. Wilson diskutierten zum Beispiel Gene für den „Unternehmergeist“. Einen Wiedergänger dieser Theorie sehen Kritiker in der nun aufkeimenden „Evolutionspsychologie“. GERRIT BUSCH
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