Den Tod vor Augen

Der usbekische Oppositionelle und Exilant Mohammed Solih wurde in Prag verhaftet. Ihm droht die Auslieferung

BERLIN taz ■ „Sie können mich zurückschicken. Das wäre das Schlimmste, was passieren könnte. Dann müsste ich mich auf den Tod vorbereiten“, schreibt der Chef der usbekischen Oppositionspartei Erk (Freiheit), Mohammed Solih, in einem „Brief an die Bürger von Prag“, adressiert an den US-Sender Radio Free Europe/Radio Liberty.

Der Albtraum könnte für Solih Wirklichkeit werden. Am Mittwoch letzter Woche war er, aus Amsterdam kommend, auf dem Prager Flughafen verhaftet worden und sitzt seitdem in Auslieferungshaft. Eingeladen hatte ihn Radio Free Europe/Radio Liberty zu einer Diskussion.

Der Grund für die spezielle tschechische Gastfreundschaft: Solih steht bei Interpol auf der Fahndungsliste. Erwirkt hatte dies die usbekische Regierung, die Solih „Terrorismus“ und „antistaatliche Aktivitäten“ vorwirft. 2000 war er in Abwesenheit wegen Beteiligung an einem Anschlag auf den autoritären Staatschef Islam Karimow zu fünfzehneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Bei dem Attentat vom Februar 1999 in Taschkent waren 16 Menschen getötet und 200 verletzt worden.

Sollte die tschechische Regierung dem Auslieferungsersuchen der usbekische Regierung nachkommen, wäre das für Taschkent eine willkommene Gelegenheit, dem Regimekritiker den Garaus zumachen. 1990 gründete Solih die Erk-Partei. 1991 trat er bei den Präsidentenwahlen gegen Karimow an und gewann bei dem alles andere als demokratischen Urnengang 12 Prozent. 1993 wurde die Erk verboten und Solih ging ins Exil. 1999 bekam er in Norwegen Asyl.

Sollte Solih ausgeliefert werden, wäre Folter das Geringste, was ihn erwartete. Daher haben Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international (ai) Prag aufgefordert, ihn nach Norwegen zu überstellen. Da Solih dort Asyl genieße, müsse sich Oslo mit der usbekischen Regierung auseinander setzen, so Maisy Weicherding von ai in London.

Ob diese Intervention nützt, ist fraglich. Usbekistan steht beim Kampf gegen den Terror in der neuen Allianz stramm in einer der vorderen Reihen und da treten Menschenrechtsverletzungen in den Hintergrund.

Jetzt wandte sich Norwegens Außenminister Jan Petersen an seinen tschechischen Amtskollegen Jan Kavan mit der Bitte, Solih freizulassen. Er sei optimistisch, dass die Frage bald gelöst werde, sagte Petersen. Besonders Solih dürfte hoffen, dass dieser Optimismus gerechtfertigt ist. Derzeit wartet er auf eine Anhörung zu seiner Auslieferung. Das kann sich hinziehen – laut Gesetz bis zu 40 Tagen. BARBARA OERTEL