piwik no script img

Hamburgs Grüne jetzt einfach Spitze

■ Bundestagsabgeordnete Kristin Heyne erste Parteichefin in der Geschichte der GAL

Die GAL musste erst volljährig werden. 19 Jahre und sechs Monate nach ihrer Gründung rang sie sich dazu durch, eine Vorsitzende an der Spitze der Partei zu dulden. Seit gestern ist die Bundestagsabgeordnete Kristin Heyne offizielle „Vorsitzende“ der Hamburger Grünen. Ihr Konkurrent Jens Kerstan, der mit 51 zu 141 Stimmen auf einer überdurchschnittlich gut besuchten Landesmitgliederversammlung (LMV) deutlich unterlegen war, wurde anschließend ohne Gegenkandidaten zum stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt.

Zuvor hatte die Versammlung durch zwei Satzungsänderungen den Weg für eine neue Parteiführung freigemacht. Mit klaren Zwei-Drittel-Mehrheiten wurden die bisher übliche Doppelspitze aus zwei gleichberechtigten Partei-„SprecherInnen“ abgeschafft und das Gebot der Trennung von Amt und Mandat aufgehoben. Bis gestern durften Mitglieder eines Parlaments oder einer Regierung höchs-tens Beisitzer im Landesvorstand werden.

Damit ist die GAL der erste grüne Landesverband, der seine Führungsstrukturen vollständig neu ordnet. Die Trennung von Amt und Mandat ist derzeit nur in Hessen und Bayern aufgehoben, die Doppelspitze lediglich in Thüringen und im Saarland abgeschafft. „Das ist ein historischer Durchbruch“, freute sich Fraktionschefin Krista Sager. Sie sei überzeugt, dass andere Landesverbände und auch die Bundespartei dem „Hamburger Modell“ bald folgen würden.

Den Parteivorstand komplettieren der Sager-Vertraute Helmut Deecke als Schatzmeister, der sich deutlich gegen den bisherigen Amtsinhaber Carsten Kuhlmann durchsetzte, und vier BeisitzerInnen: Stefanie Wolpert, Vorsitzende der Grünen Jugend, Bürgerschafts-Vizepräsident Farid Müller sowie Caroline Hoffmann und Katja Husen.

Die klare Mehrheit für Heyne täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass der 49-Jährigen keine Euphorie entgegenschlägt. Nach ihrer stark bundespolitisch gefärbten Bewerbungsrede musste die Geschäftsführerin der grünen Bundestagsfraktion sich kritischer Nachfragen erwehren. Skeptiker befürchteten eine künftig „zu enge Bindung an die Vorgaben aus Berlin“, etliche RednerInnen forderten Heyne auf, „auch mal was über Hamburger Themen und Projekte zu sagen“.

Was Heyne, die nächstes Jahr erneut für den Bundestag kandidieren will, denn auch tat. Die Opposition gegen Schwarz-Schill gelte es „profiliert“ zu betreiben, „aber nicht fundamental, das kaufen uns die Leute nicht ab“. Bildung und Verkehr seien die Schwerpunkte, so Heyne, und ein weiteres Thema „werden wir uns zumuten müssen: Innere Sicherheit“. Da könne die GAL sich nicht länger „vor Antworten drücken“, forderte sie – wurde bejubelt und umgehend zur Parteivorsitzenden gewählt.

Sven-Michael Veit

Weiterer Bericht Seite 6

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen