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Bankrott wie das Land

Rund 180.000 Berliner Haushalte sitzen in der Schuldenfalle. Die Zahl der Betroffenen steigt dramatisch. Die durchschnittliche Schuldenlast der Haushalte hat sich verdoppelt

Mitten im Weihnachtsgeschäft müssen immer mehr Berliner auf den Geschenkekauf verzichten: Rund 180.000 Haushalte in der Hauptstadt sind nach Schätzungen von Schuldnerberatungsstellen bankrott. „Die Zahlen sind seit 1992 dramatisch angestiegen. Die Schuldner werden immer jünger und die Schulden immer höher“, sagte am Montag Peter Zwegat, Geschäftsführer der Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle Dilab in Friedrichshain. 7 bis 15 Prozent aller Berliner Haushalte säßen in der Schuldenfalle, rund die Hälfte seien Familien mit Kindern.

Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft für Schuldnerberatung (BAG) spiegelt sich in der Hauptstadt ein bundesweiter Trend wider: Von 1994 bis zum Jahr 2000 stieg die Anzahl überschuldeter Haushalte von 2 Millionen auf 2,8 Millionen an. Die Summe der Schulden aller Bundesbürger schätzt die BAG auf 1,7 Billionen Mark. Damit liege Deutschland nach Großbritannien im europäischen Vergleich an der Spitze.

Allein bei der Beratungsstelle in Friedrichshain hat sich die durchschnittliche Verschuldung der Klienten von 1997 bis 2000 verdoppelt – von rund 33.000 auf 66.000 Mark. Zumeist zählen kinderreiche Familien, Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose und selbstständige Existenzgründer zu den Betroffenen. Ursache für die Schuldenfalle sind laut Berater Zwegat häufig Arbeitslosigkeit, Trennung oder Krankheit. Zu den Folgen zählen familiäre Konflikte, psychische Überlastung und soziale Ausgrenzung. Darüber hinaus steige zurzeit die Anzahl der Jugendlichen mit Schulden durch ungebremste Konsumlust, sagt Zwegat. Als Schuldenmacher Nummer eins gilt das Handy. 22-Jährige mit 40.000 Mark Schulden seien keine Ausnahme mehr. Unternimmt ein Betroffener nichts, verdoppelt sich seine Schuld durch Zinsen innerhalb von fünf Jahren. DPA

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