: Berlin: Gold am Hals
Schmuck zum Schnäppchenpreis! Nicht nur in Istanbul, sondern auch in Berlin. Türkische Juwelierläden bieten günstiges Geschmeide – auch für die deutsche Braut. Ein Besuch beispielsweise in Berlin-Moabit lohnt sich
Prunkvoll sieht er nicht gerade aus, der kleine Juwelierladen Gül von Herrn Tatlici, fast wirken die Auslagen leer, als hätte gerade ein Ausverkauf stattgefunden. Doch das ist eine Vorsichtsmaßnahme wegen der Überfälle, die auf türkische Juweliere in Berlin in letzter Zeit gehäuft verübt werden, erzählt Herr Tatlici. Nebenan im Gül Braut- und Abendmodengeschäft, das seine Frau Kahire leitet, ist tatsächlich gerade Ausverkauf. Die Kleider sind massiv reduziert, es ist Fastenzeit und da wird nicht geheiratet – gute Gelegenheit, um Platz für die neue Kollektion zu schaffen.
Die Tatlicis kommen aus der Türkei und gehören dort der arabischen Minderheit an. Die meisten der türkischen Juweliere in Deutschland stammen aus den ethnischen Minderheiten der Türkei. 80 Prozent, schätzt Herr Tatlici, von den Berliner „kuyumcu“ sind Armenier.
Die Tatlicis sind mittlerweile Deutsche. Vor 34 Jahren kamen sie nach Berlin, vor 33 haben sie sich selbständig gemacht – stolz zeigt Herr Tatlici ein Bild seines ersten Ladens, ein Reisebüro für „Gastarbeiterflüge“, das erste türkische Geschäft in Berlin, sagt er. Er musste es damals noch mit Hilfe eines Strohmannes eröffnen, denn ihr Aufenthaltsstatus erlaubte türkischen Arbeitskräften lange Zeit nicht die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Erst 1980 konnten die Tatlicis auf solche Strohmänner verzichten. Endlich, denn je mehr die beiden verdienten, desto mehr verlangten ihre Helfer.
Das Unternehmer-Ehepaar hat sich in vielen Branchen getummelt, sieben Geschäfte hatten sie zeitweise: neben den Reisebüros Import und Export, Decken, Wandschmuck und Porzellan für den türkischen Geschmack. Die ersten Schreibmaschinen mit türkischer Tastatur habe er nach Berlin gebracht, erzählt Herr Tatlici.
Nun beschränken sich die beiden knapp Sechzigjährigen auf die zwei Läden in der Beusselstraße in Berlin-Moabit. Zu ihren Kunden gehört neben türkischen und arabischen Brautleuten die gesamte bunt gemischte Einwohnerschaft des Kiezes. Die teuersten Brautkleider, erzählt Frau Tatlici, kaufen mittlerweile meist die Russen. Im Juwelierladen Gül, wo auch angekauft wird, kann man schöne alte Goldmünzen aus osmanischer Zeit finden, die in Bargeld umgesetzt werden mussten. Außerdem Armreifen in Hülle und Fülle, ein klassisches türkisches Brautgeschenk, Ringe, Ohrringe, Colliers und komplette Schmuck-Sets und natürlich die goldenen Münzen in verschiedenen Größen, die zu Hochzeiten, Geburten und Beschneidungen geschenkt werden. ALKE WIERTH
Gül Boutique, Beusselstraße 19/20, 10553 Berlin-Moabit, Tel.: (0 30) 3 95 62 69. Armreife ab 61,36 € (120 DM), Ohrringe ab 17,90 € (35 DM), jeweils aus 14- bzw. 22-karätigem Gold.
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