Banken bunkern den neuen Geldschatz

In Irland wurden gestern die ersten „starter packs“ mit Euro-Münzen verkauft. Der Andrang der Iren hielt sich in Grenzen

DUBLIN taz ■ „Ein Päckchen pro Kunde, mehr gibt es nicht“, sagt Barry. Der junge Mann ist Schalterbeamter in der Bank of Ireland im Dubliner Stadtteil Glasnevin und für die Verteilung der neuen Euro-Münzen zuständig. Irland gehört zu den ersten drei Ländern, in denen ein „starter pack“ mit Euro-Münzen gestern verkauft wurde. Auf die Rückseite ist Irlands Nationalsymbol, die Harfe, geprägt. Ich wollte eigentlich zehn Päckchen kaufen.

„Wir haben 15.000 Kunden“, sagt Barry hinter seinem Panzerglas, „aber wir haben nur 150 Päckchen bekommen. Bis mittags sind die weg.“ Dabei sieht es nicht so aus, als seien die Iren besonders scharf auf den Euro: Es ist mittags, und ich bin der einzige Kunde. Doch Barry bleibt hart: „Ein Päckchen“, sagt er. Dann schiebt er einen kleinen Plastikbeutel, in den 19 Münzen eingeschweißt sind, durch die Sprechluke und kassiert fünf Pfund.

Ich hatte mindestens eine samtene Schatulle erwartet, da Barry das neue Geld wie einen Schatz hütet. Die „starter packs“ seien absichtlich unattraktiv, sagt Neil Whoriskey, der Sprecher der Zentralbank: „Sie werden nicht als Sammlerobjekte oder Souvenirs verkauft. Die Leute sollen am 1. Januar Münzen in der Tasche haben, um Kleinigkeiten kaufen zu können. Wenn alle am 1. Januar mit Scheinen zahlen, bekommen wir Probleme.“ Da die Münzen rationiert werden müssen, scheint es jetzt schon Probleme zu geben. Barrys Kollegin flüstert mir zu, ich solle es im Postamt versuchen.

Dort stehen die Leute Schlange, aber nicht wegen der Euros. Sie kaufen verbilligte Weihnachtssonderbriefmarken, um dem um diese Jahreszeit grassierenden Volkshobby nachgehen zu können: dem Verschicken von Weihnachtskarten. Als ich dran bin und nach dem Euro-Päckchen frage, holt die Postbeamtin einen großen Sack. „Wieviele Euro-Päckchen“, fragt sie, „sollen es sein?“ Ob ich zehn bekommen könnte? „Du kannst auch fünfzig haben“, antwortet sie. „Du bist der erste, der sie verlangt.“

Zu Hause rechne ich mit dem elektronischen Euro-Umrechner, den die Regierung jedem Haushalt spendiert hat, den Wert des Neugeldprobierpäckchens um: 6,35 Euro, das entspricht genau fünf Pfund. Wenigstens hauen sie einen nicht übers Ohr.

RALF SOTSCHECK