: Terrorismus und Drogenberatung
■ Deutschland muss drogenpolitisch noch Hausaufgaben machen
„Seit dem 11. September machen sich alle nur noch Gedanken über innere Sicherheit. Drogenprobleme sind scheinbar zweitrangig geworden“, sagte Horst Bossong diese Woche in Bremen. In Wirklichkeit bestünde ein direkter Zusammenhang zwischen Drogenhandel und Terrorismus. Afghanistan habe drei viertel des weltweiten Heroinbedarfs geliefert – teils als Durchgangsland, teils von den eigenen Mohnfeldern. „Wir hätten jetzt die Chance, Drogen kontrolliert zu legalisieren,“ erklärte er. So würden statt Terroristen legale Händler das Geld einstreichen.
Den stellvertretenden Vorsitzenden der Bundesdrogenkomission hatte die Bremer Drogenberatung eingeladen und für 100 Gäste Antipasti bestellt. Doch als er ans Rednerpult trat, war die Hälfte der Stühle unbesetzt.
Professor Bossong, der in Essen Sozialverwaltung und Verwaltungs-wissenschaft lehrt, kritisierte auch den Umgang der Behörden mit Therapieanträgen. „Im Sozialgesetzbuch steht neuerdings, dass von der Antragsstellung bis zur Bewilligung nicht mehr als vier Wochen Bearbeitungszeit vergehen dürfen. Aber niemand setzt diese Regelung um.“ Theoretisch seien auch Servicestellen geplant, in denen Kranken-, Rentenkasse und Sozialträger ein kombiniertes Angebot für Drogenabhängige bereithalten sollten. „Wir müssen dafür sorgen, dass wirklich etwas passiert“, sagte er. Statt dem Gesetz ständig neue Paragraphen zuzufügen, sollten Drogenberater und -abhängige „die Beamten zwingen, das Bestehende umzusetzen. Notfalls vor Gericht.“ In Zukunft wünsche er sich einen „Gesamtplan“ für die Behandlung des Drogenproblems. „Die Vorgehensweise muß zielgerichteter werden. Wir brauchen hochqualifiziertes Personal in den Beratungsstellen.“ Die Behandlung müsse optimiert und die Kosten gesenkt werden. Dass diese Ideen mehr nachWirtschaft als nach Drogenberatung klängen, räumte er ein. Konkrete Ideen für die Umsetzung konnte er nicht bieten. Trotzdem schenkte ihm das Publikum auch noch Aufmerksamkeit, als Fladenbrot und Salate schon auf den Tischen standen. Theresa Bäuerlein
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